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Zuckerkrankheit auf dem Vormarsch

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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.


Die Zuckerkrankheit (der Diabetes) schleicht unaufhaltsam, so scheint es, und mit immer größeren Schritten voran. Deutschland liegt dabei mit ca. 7,5 Millionen Diabetikern auf der Platz 6 der Top Ten in der Welt (2006). Indien und China führen diese „Hitliste“ mit je ca. 40 Millionen Erkrankter an. Die Tendenz in Deutschland weist auf einen beängstigenden Anstieg der Erkrankungen hin.

Man schätzt, dass in Deutschland derzeit ca. 2 Millionen Menschen auf eine tägliche Versorgung mit dem Hormon Insulin angewiesen sind, um die drastischen Begleiterscheinungen der Krankheit abzumildern und so ein weitgehend „normales“ Leben führen können. Noch um 1900 war die Diagnose „Diabetes“ mit einem qualvollen Leben und dem baldigen Tod gleichzusetzen.

Frederick Banting gelang zusammen mit Charles Best ein Inselgewebe der Bauchspeicheldrüse als Produktionsstätte eines wirksamen Stoffs gegen die Krankheit auszumachen. Zusammen mit dem Biochemiker James Collip entwickelten Sie eine Methode, einen sehr reinen Wirkstoff (das Hormon Insulin) aus Bauchspeicheldrüsen von Schlachttieren wie Rindern und Schweinen zu extrahieren (1921). Der erste von Ihnen erfolgreich behandelte Patient war ein 13jähriger Junge (1922).

Bereits im Jahre 1923 gelang es der Firma Hoechst ein erstes Insulinpräparat in Deutschland herzustellen und anzubieten. Dazu wurden in aufwändigen und teuren Verfahren die Bauchspeicheldrüsen von Schweinen und Rindern aufgearbeitet, um an das begehrte Hormon zu kommen. Zudem hatte man das Problem, wie man nach der Strukturaufklärung des Peptid-Hormons durch Frederick Sanger im Jahre 1955 wusste, dass das extrahierte Hormon in seiner Aminosäure-Sequenz nicht genau dem menschlichen Hormon entspricht. Dadurch stellten sich häufig schwere immunologische Reaktionen bei den so behandelten Patienten ein.

Insuline bestehen aus zwei über Disulfidbrücken verknüpfte Polypeptidketten. Beim Rinderinsulin findet man in 3 Positionen eine Abweichung der Aminosäuresequenz, beim Schweine-Insulin dagegen in nur einer Position. Bei letzterem ist es die letzte Aminosäure der sogenannten B-Kette. Das kann man heute durch biochemische Veränderungen korrigieren, wodurch das Insulin sehr viel verträglicher wird. Dennoch reagieren eine Reihe von Menschen mit der Zeit mit allergischen Reaktionen auf tierisches Insulin. Dabei wird Schweineinsulin besser vertragen als Rinderinsulin.

Ein Typ-I-Diabetiker benötigt ca. 1,5 mg Insulin pro Tag. Ein Schweinepankreas (Bauchspeicheldrüse des Schweins) ergibt tierisches Insulin für ca. 10 Tagesrationen, also ca. 15 mg. Das heißt, ein insulinabhängiger Zuckerkranker benötigt das Insulin aus den Bauchspeicheldrüsen von ca. 40 Schweinen pro Jahr. Um die ca. 2 Millionen (eine große Dunkelziffer ist nicht eingerechnet) insulinabhängigen Diabetiker in Deutschland zu versorgen, müssten jährlich ca. 80 Millionen Bauchspeicheldrüsen von Schweinen aufgearbeitet werden. In der BRD wurden 2008 rund 55 Mio Schweine geschlachtet. Weltweit müssten ca. 200 Mio. Diabetiker mit Insulin aus Bauchspeicheldrüsen versorgt werden. Das entspricht etwa eines Bedarfs von 8 Mrd. Schweinen.

Seit 1980 steht gentechnisch hergestelltes Insulin zur Verfügung. Als Produktionsort für das Humaninsulin verwendete man damals gentechnisch veränderte Bakterien (Echerichia coli; kurz: E.coli). Dazu übertrug man den Bakterien mit Hilfe spezifischer Enzyme und sogenannter Plasmide (als Genfähren) das Gen für Humaninsulin. Die erfolgreich veränderten Bakterien wurden daraufhin isoliert, um sie dann in großen Fermentern zu vermehren. Über ihren Stoffwechsel stellten sie nun Humaninsulin her, das durch Aufschluss der Bakterien gewonnen und gereinigt werden konnte. Diese Bakterien wurden also genetisch umprogrammiert und bildeten damit einen Stoff, den sie auf der Grundlage ihres ursprünglichen Genoms nicht hätten herstellen können – das Humaninsulin.

Heute steht am Anfang eines großtechnischen Produktionsprozesses ein Milliliter genveränderter E.coli-Bakterien, die in flüssigem Stickstoff aufbewahrt werden. Am Ende erhält man dann zwei bis sechs Tonnen jener Biomasse, die den Grundstoff für Insulin bilden. Zwei Tonnen Biomasse ergeben nur wenige Kilogramm reinen Insulins, doch mit jedem Kilogramm können 7000 Diabetiker ein Jahr lang versorgt werden. Auf diese Weise können in großen Anlagen große Mengen an Human-Insulin hergestellt werden.

 
Aufgabe:

Der Text beschreibt Methoden der Insulinherstellung.
Viele Schüler sagen, gentechnische Herstellung von Insulin ist auf lange Sicht die einzig sinnvolle Methode.

Bewerten Sie diese These und begründen Sie Ihre Aussage anhand des obenstehenden Textes.



Quellen:

  1. Ärzte Zeitung, 21.10.2009 13:13
    Epidemie: Zahl der Diabetiker steigt weltweit rasant an   15.10.2011/18.03 Uhr
    http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/diabetes/article/571899/epidemie-zahl-diabetiker-steigt-weltweit-rasant.html
  2. Wikipedia
    Frederick Banting    15.10.2011/18.10 Uhr
    http://de.wikipedia.org/wiki/Frederick_Banting
  3. Diabetes mellitus
    Die Geschichte der Diabetes mellitus  15.10.2011/18.15 Uhr
    http://www.madeasy.de/4/diabm.htm
  4. Pharmazeutische Zeitung.de
    Hormon aus Bakterien Hefen und Pflanzen  15.10.2011/18.30Uhr
    http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=35237
  5. Daten und Zahlen zu Diabetes mellitus  15.10.2011/19.12 Uhr
    http://www.gesundheit.de/krankheiten/diabetes/diagnose-und-therapie/daten-und-zahlen-zu-diabetes-mellitus
  6. Biotechnologie - neue Wege in der Medizin  15.10.2011/19.35 Uhr
    www.roche.com/de/biotechnology_new_ways_in_medicine.pdf

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  1. Statistisches Bundesamt Deutschland 23.05.2012/16.00Uhr
    https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2011/11/PD11_420_413.html
    (bzw. aktuelle Daten über Suche nach Schweineschlachtungen )
  2. www.proplanta.de – Das Infozentrum für die Landwirtschaft  05.11.2011/21.05Uhr
      http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Agrarwirtschaft/Deutschland-Schlachtungen-und-Fleischerzeugung-2009_article1266337428.html
  3. Seminarkurs 2000/01 "Dolly und die Folgen"    05.11.2011/21.10Uhr
    http://www.fgs.snbh.schule-bw.de/semkurs/
  4. FWU: VHS 4200641 Biotechnologie Folge 10-Planspiele mit Genen(Kreimedienzentrum)
  5. Volksapotheke Schaffhausen     07.11.2011/12.05 Uhr
    http://volksapothekeschaffhausen.ch/2010/Meilensteine%20der%20Pharmazie/Insulin.html#Diabetes


Lösungsvorschlag


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