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Globales Lernen am Beispiel Kinderarbeit / Unterrichtsdokumentation

Didaktisch - methodischer Kommentar

Nicht wenige Schüler /Schülerinnen hierzulande jobben regelmäßig, um sich ihre Freizeit und ihre Konsumwünsche zu finanzieren.In den sog. Entwicklungsländern dagegen sind nach jüngsten Schätzungen " 18% aller Kinder von 5 bis 14 Jahren, das entspricht etwa 211 Millionen Kindern “ (1), zu regelmäßiger Lohnarbeit in einem solchen Ausmaß gezwungen, dass sie keine Schule besuchen können und nicht nur das Kinderrecht auf Grundbildung für sie unerreichbar ist, sondern sie auch oft ihre Gesundheit ruinieren.In vielen Waren, die in den Industrieländern konsumiert werden, seien es Textilien, Sportartikel, Spielzeug u.v.m., steckt eine gehörige Portion Kinderarbeit.

Seit den 90er Jahren ist der Zusammenhang von Kinderausbeutung in den sog. Entwicklungsländern und " billiger Massenware auf den Märkten des 'Nordens' in den Blick geraten " und nicht zuletzt durch die Öffentlichkeitsarbeit von NGOs wurde " die Auseinandersetzung mit Kinderarbeit auf die Tagesordnung von Parlamenten, Regierungen und internationalen Organisationen " gesetzt. Allerdings wird oft nicht hinreichend bedacht, dass z. B. eine pauschale Ächtung von Kinderarbeit u. U. nicht sinnvoll ist, weil " es 'die' Kinderarbeit nicht gibt, weil also Ursachen, Formen und Folgen von Kinderarbeit höchst unterschiedlich sind ". Deshalb ist " ein differenziertes Eintreten für die Rechte des Kindes unabdingbare Voraussetzung dafür, dass diese Rechte endlich weltweit verwirklicht werden " (2).

Besonders M. Liebel und die Berliner Arbeitsstelle „Dritte Welt“ bzw. die „Arbeitsstelle Globales Lernen und Internationale Kooperation“, diskutieren kritisch die zunächst plausibel scheinende Forderung nach einem generellen Verbot von Kinderarbeit, wie es z.B. von der International Labour Organisation (ILO) vertreten wird (3). Stattdessen fragen Liebel und Organisationen wie „terre des hommes“, ob es nicht sinnvoller ist, nur „ ausbeuterische Kinderarbeit zu verbieten und gleichzeitig Kinder stark zu machen und ihre Forderungen nach menschenwürdigen Arbeitsbedingungen, ausreichendem Lohn, Freizeit und Bildung zu unterstützen? “ (4) Diese vielleicht überraschende Fragestellung wird in unserem Arbeitsvorschlag mehrfach aufgegriffen.

Inhaltlich-thematisch lässt sich das Thema Kinderarbeit anschließen an die

  • Begriffe Menschenrechte und Menschenwürde·
  • soziale Gerechtigkeit und Globalisierung·
  • Arbeit und Identität·
  • Arbeit, Jobben und Konsum.

Mit den hier vorgestellten Materialien kann das Thema "Kinderarbeit" unter unterschiedlichen Aspekten nach 1-2 einführenden Stunden in Gruppenarbeit selbstständig in ca. 2 Unterrichtsstunden am PC (Internet) erschlossen werden. Dabei lassen sich die einzelnen Aspekte zwar unabhängig voneinander erarbeiten, stehen aber natürlich in einem sachlichen Zusammenhang. Dieser muss bei der Vorstellung der Arbeitsergebnisse bzw. danach im Unterrichtsgespräch hergestellt werden.

Die Ergebnisse können z.B. mittels (Power-Point)-Folien bzw. Plakaten dargestellt, danach erläutert sowie mit der Gesamtgruppe diskutiert werden. Insgesamt sollten mindestens 8 Unterrichtsstunden oder ein Projekttag veranschlagt werden.Naturgemäß liegt es bei diesem Thema nahe, fächerübergreifend zu arbeiten (Geografie, Gemeinschaftskunde, Deutsch und Kunst: Plakat-, Foliengestaltung, Kalender o.ä.), aber wo die Ethik-Gruppen aus verschiedenen Klassen zusammengesetzt sind, ist fächerübergreifende Arbeit nicht leicht machbar – ideal sind natürlich ein oder mehrere Projekttage.

Eine Ausweitung und Vertiefung ist gut möglich und kann anhand der einschlägigen Fundorte im Internet ohne Probleme von den Lerngruppen selbst geleistet werden (5). In der Kursstufe eignet sich dieses Beispiel gut, um etwa M. Nussbaums Katalog der „Grundfähigkeiten des Menschen“ zu prüfen (6)und die Frage nach sozialen Mindeststandards aufzugreifen, ebenso kann man die Gerechtigkeitstheorie von John Rawls einem Praxistest unterziehen. In beiden Fällen wird deutlich, dass zwischen Nussbaums oder Rawls’ Vorstellungen von Verteilungsgerechtigkeit und der Lebenswirklichkeit vieler Menschen erhebliche Unterschiede bestehen und dass auf internationaler Ebene die entsprechenden Institutionen nur teilweise vorhanden sind, die für eine Umsetzung dieser Konzepte erforderlich wären (7).

Die Lerninhalte werden in Selbstarbeit erschlossen, wobei verschiedene Arbeitstechniken eingesetzt werden: Internet-Recherche mit Webquest, Textarbeit und Präsentationstechniken.

Anwendungsmöglichkeiten des Gelernten : Präsentation der mit dem PC erstellten Folien und/ oder z. B. Ausstellung der Plakate·

  • in der Lerngruppe – bei gutem Gelingen evtl. Präsentation für andere Klassen,·
  • im Stadtteil, z.B. in der Stadtbücherei oder bei lokalen Veranstaltungen,·
  • Vorbereitung und Durchführung einer Veranstaltung mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft bzw. von NGOs wie Brot für die Welt oder „terre des hommes“ , „Eine-Welt-Läden“ etc., ·
  • Durchführen einer Erhebung, wo im örtlichen Handel (z.B. in Supermärkten) Produkte aus fairem Handel angeboten werden, wie sie platziert sind und ob es dazu Informationen und Werbung gibt, evtl. könnte daraus ein Informationsblatt erarbeitet werden.·
  • Umfrageaktionen zum Bekanntheitsgrad der Problematik, Labels, NGO, Herkunft von Produkten (Kleider, Teppichen, Blumen etc.) - z.B. mit grafstat
  1. Rede v. F. Repnik (Sozialminister v. Ba-Wü), in: World University Service, Bildungsauftrag Nord-Süd, Rundbrief 44/04
  2. Liebel u.a., S. 95ff - vgl. Materialien Nr.16
  3. Zur ILO, vgl. www.ilo.org; zu Liebel vgl. Material Nr. 16 - 18
  4. terre des hommes, Unterrichtsbogen 20- Material Nr.26; Kinderarbeit, S.4- Material Nr.25
  5. Zur Bedeutung des Internet für globales Lernen vgl. M Geisz, Arbeiten im Internet, in: Material Nr.24,
    S.122-128
  6. Nussbaum, 1999, S. 57, Material Nr.21 ; Brüning, B., S. 29ff – Material Nr. 5
  7. Zum Weiterarbeiten sei hier auf das hervorragende Buch von Küng/Senghaas (Hg.) verwiesen:
    Friedenspolitik. Ethische Grundlagen internationaler Beziehungen – Material Nr. 13, vgl.a. Nr.6
  8. in Deutschland gibt es über 100 sog. Arbeitsgruppen - erreichbar über die terre des hommes Geschäftsstelle (vgl. z.B. http://www.s-line.de/homepages/tdh-ag-stuttgart/ )