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Baustein 3.1.1: Die Grundstruktur des deutschen Satzes

An der Haltestelle – Der Satz und das Prädikat als sein Kernstück

A. Aufgaben und Erläuterungen

Aufgabe 1 *

In der folgenden Tabelle findet ihr allerlei Personen, die sich an einer Haltestelle befinden könnten, und Möglichkeiten, was die Personen tun könnten. Denkt euch eine Szene aus und stellt die Wartenden mit der ganzen Klasse als Standbild dar. Ihr könnt natürlich auch weitere Personen und Aktivitäten hinzufügen. Fotografiert das fertige Bild.

Nomen

Aufgabe 2 *

Beschreibe in einem Text, was verschiedene Personen in eurem Bild tun.

Aufgabe 3 PA *

Ihr habt gerade beschrieben, was die Personen tun. Was haltet ihr von folgender Beschreibung einer Haltestellenszene: „Frau Müller, Tom, seine Schwester, der Hund, die Zwillinge und ein kleiner Mann“? Vergleicht sie mit eurer Beschreibung und diskutiert.

Das Prädikat

Es genügt nicht zu sagen, wer alles da ist, sondern es muss gesagt werden, was all die Personen tun. Um das sagen zu können, sind Sätze notwendig. Ein Satz muss ein Prädikat enthalten, erst dadurch entsteht überhaupt ein Satz. Prädikate werden durch Verben gebildet; z.B..
Tom wartet.
Der Vater ermahnt Julia.
Frau Müller empfiehlt der Dame die Linie 5.

H

Aufgabe 4 */***

In dem Krimi „Rico, Oscar und die Tieferschatten“ findet der Ich-Erzähler Rico am Anfang eine Nudel und geht damit zunächst zu Frau Dahling aus seinem Haus. Von ihr verabschiedet er sich bald wieder und sucht Herrn Fitzke auf …

»Bleibt es bei heute Abend?«, rief Frau Dahling mir nach, als ich rauf in den Vierten rannte, immer zwei Stufen auf einmal . » Klar !« Ihre Tür schlug zu und ich klopfte bei Fitzke. Man muss immer bei Fitzke klopfen, seine Klingel ist nämlich kaputt, vermutlich schon seit 1910, als das Haus gebaut wurde. Warten, warten, warten. Schlurf, schlurf, schlurf hinter der dicken Altbautür. Dann endlich Fitzke in Person, wie üblich in seinem dunkelblauen Schlafanzug mit den grauen Längsstreifen. Sein Knittergesicht war voller Bartstoppeln und in alle Richtungen standen ihm die strähnigen grauen Haare vom Kopf ab. Echt, so was Ungepflegtes! Ein dumpfer, muffiger Geruch schlug mir entgegen. Wer weiß, was der Fitzke da drin lagert. In seiner Wohnung, meine ich jetzt, nicht in seinem Kopf. Ich versuchte, unauffällig an ihm vorbeizugucken, aber er versperrte die Sicht. Mit Absicht! Ich war schon in jeder Wohnung im Haus, nur in Fitzkes nicht. Er lässt mich nicht rein, weil er mich nicht leiden kann. »Ah, der kleine Schwachkopf«, knurrte er.

  1. Nicht alles, an dessen Ende ein Punkt steht, ist auch schon ein Satz. Unterstreiche in dem Text alle Passagen, die deiner Meinung nach kein echter Satz sind.
  2. Erläutere für einige fettgedruckte Passagen, warum Rico an diesen Stellen hier keine ganzen Sätze verwendet. Überlege dazu auch, welche Passagen eher umgangssprachlich formuliert sind.

Aufgabe 5 **

  1. Wähle einen kurzen Satz aus deinem Text aus Aufgabe 2. Könnte man ihn noch durch weitere Details ergänzen? Notiere einige Möglichkeiten.
  2. Umgekehrt: Wähle einen langen Satz und versuche, ob man in ihm noch etwas weglassen kann.

Prädikate erfordern eine unterschiedliche Zahl an Ergänzungen: Beim Prädikat schlafen reicht es zu sagen, wer schläft (z.B. Tom). Bei ermahnen reicht das nicht: Die Äußerung „ Der Vater ermahnt“ ist unvollständig, man muss schon noch sagen, wen er ermahnt. Man kann dies mit folgenden „Ballonmodellen“ darstellen.

Ballonmodelle

Z

Aufgabe 6 *

Untersucht, wie viele Ergänzungen die aufgeführten Verben mindestens brauchen, so dass ein vollständiger Satz entsteht. (Möglicherweise gibt es auch Fälle, in denen man das nicht ganz sicher entscheiden kann.)

Ballonmodell 1

 

Ballonmodell 2

 

Z

Aufgabe 7 **

  1. Wer von euch kann mit einem einzigen Prädikat den längsten Satz formulieren? Wählt dazu zwei der genannten Prädikate und ergänzt jeweils mögliche Satzglieder.
  2. Diskutiert, welche unbedingt nötig sind, welche sinnvoll und welche überflüssig sind.

B. Hilfestellungen

  • Zu Aufgabe 4
  1. Ein Satz wird von einem finiten Prädikat hergestellt. Suche also zunächst die finiten (d.h. konjugierten, also nicht in der Grundform vorliegenden) Prädikate und kreise sie ein. Dann bleiben noch einige Gebilde übrig…
  2. Dass an einige Stellen keine ganzen Sätze verwendet werden, kann unterschiedliche Gründe haben und ganz Verschiedenes ausdrücken:
    • Verknappung (z.B. Z. 2: statt „Ich nahm immer zwei Stufen auf einmal.“)
    • Wiedergabe von verkürzten Äußerungen, wie sie für die mündlichen Rede typisch ist (z.B. Z. 3)
    • Erzählung wird dramatischer.
    • Wiedergabe von Ausrufen

 

C. Zusatzaufgaben

Z 1. zu Aufgabe 6 *

Ergänzt weitere eigene Beispiele.

Z 2. zu Aufgabe 7 **/***

  1. Betrachte den Satz „Tom wartet auf den Bus.“ Ist der Satzteil „auf den Bus“ notwendig oder kann man ihn weglassen? Diskutiere mit deinem Nachbarn.
  2. Vielleicht wart ihr bei einigen der Beispiele nicht sicher, ob ein Satzglied nötig ist oder nicht. Nennt Beispiele und begründet, warum eurer Meinung nach ein Satzglied nötig ist bzw. warum man es weglassen kann.

Z 3. nach Aufgabe 7 ***

Gibt es auch Prädikate, die ganz ohne eine Ergänzung auskommen? Denke z.B. ans Wetter…

Z 4. nach Aufgabe 7 **

Bei den Personen (10), (11) und (12) aus Aufgabe 1 verwendet ihr eine andere Verbform als bei den anderen. Warum ist das so?

Z 5. nach Aufgabe 7 **

Notiere auch Sätze mit „ich“, „du“. Was geschieht mit dem Prädikat?

Didaktische Hinweise

Das Prädikat ist die Einheit, die im Deutschen den Satz konstituiert. Es ist daher selbst kein Satzglied (nach keiner der gängigen Definitionen: es ist keine verschiebbare Einheit, ist nicht vorfeldfähig, steht an zwei definierten Stellen im Satz, ist nicht sinnvoll erfragbar).

In der Fachdidaktik wird der Begriff des Prädikats mittlerweile deutlich problematisiert; stattdessen wird häufig nur noch vom Verb gesprochen. Als Gründe werden genannt: In Lehrwerken wird der Terminus „Prädikat“ häufig assoziiert mit dem Satzgliedstatus (s.o.). Es wird in diesem Zusammenhang oft definiert über die Semantik (Tätigkeitswort). Der Prädikatsbegriff der Phrasenstrukturgrammatik versteht es als die Gesamtheit dessen, was über das Subjekt ausgesagt wird (x e P) und ist in dieser Bedeutung zu weit.

Im Bildungsplan wird das Prädikat verstanden als Verb in seiner syntaktischen Basisfunktion im Satz – nicht mehr.

Das Prädikat definiert Mitspieler im Satz (Valenz und Rektion); genau dies meint die nicht-terminologische Umschreibung des Bildungsplanes in 3.1.2.1.(1). Dabei ist die Unterscheidung von Ergänzungen (vom Verb geforderte Satzglieder) und Erweiterungen (fakultativ hinzutretende Satzglieder) didaktisch nicht unproblematisch. Es können elliptische Strukturen (sog. Valenzreduzierung) auftreten, meist wenn das weggelassene Satzglied aus der Situation heraus offenkundig ist. (z.B. „Der Ober empfahl die Suppe.“; der Adressat ist hier evident). Oft führt die Weglassprobe zu sinnvollen, wenngleich veränderten Sätzen (z.B. „Er hat die Prüfung mit Bravour bestanden.“ „Der Wirt hat die Fritteuse nicht gewartet.“). Sie ist für eine stimmige Analyse nicht notwendig und führt auch zu keinen Verbesserungen im Sprechen und Schreiben. Daher kann sie ohne weiteres didaktisch reduziert werden. Das Gleiche gilt für die Unterscheidung notwendiger oder nichtnotwendiger Satzglieder; sie wird nur an einer Stelle als Diskussionsanlass aufgegriffen (Aufg. 7 und Z 2).

Die Progression ist in diesem Baustein so angelegt, dass ausgehend vom Beschreiben einer alltäglichen Situation zunächst die zentrale Funktion des Prädikats eingekreist wird. In einem zweiten Schritt wird seine zentrale Stellung durch einfache Valenzuntersuchungen vertieft.

Voraussetzungen

Prädikat

Zu einzelnen Aufgaben

  • Aufgabe 1:

Der stark handlungsorientierte und damit auch zeitaufwendige Impuls kann natürlich ohne weiteres durch eine Bildbeschreibung ersetzt werden. (Anbindung an den Bereich Medien, Text-Bild- Relation)

  • Aufgabe 4:

Die Aufgabe verzahnt eine Stilanalyse mit einer Syntaxanalyse. Die erste Teilaufgabe zielt auf die Identifizierung von finiten Prädikaten (bzw. deren Fehlen); ein Herausforderung sind hier Gebilde wie „Warten, warten, warten.“ (Z. 7) oder „Schlurf, schlurf, schlurf.“ (Z. 8), die infinite Verben bzw. comictypische Verbstämme reihen. Die Aufgabe kann für einen Prototyp impliziter Differenzierung gelten, weil die Lösung weder Vollständigkeit (Quantität, Zeit) noch die Behandlung aller schwierigen Fälle (Qualität, Leistung) verlangt.

Teilaufgabe b) bewegt sich auf recht rudimentärem Niveau in Richtung einer Deutung sprachlicher Mittel. Die Hilfestellung gibt einige Hinweise, da zu erwarten ist, dass eine Reihe von Schülern Schwierigkeiten hat auszudrücken, was sie beobachtet. Auf diese Weise wird indes von vorne herein deutlich, dass solche Sprachuntersuchungen kein akademischer Selbstzweck sind, sondern eine Funktion für die Textbeschreibung haben.

  • Aufgabe 5:

Teilaufgabe a) ermöglicht die Erfahrung, dass ein Satz eine potentiell beliebig erweiterbare Einheit ist – auch wenn an dieser Stelle weder der Ort der Erweiterung (das Mittelfeld) noch die Art der Erweiterungen benannt werden können.

Die Aufgabe b) ist bewusst offen formuliert. Sie führt intuitiv an die Valenz des Verbs heran. Mit sehr straken Schülern kann man eventuell im Gespräch thematisieren, was das Kriterium des „Könnens“ denn eigentlich ist.

  • Aufgabe 6:

Die Modelle orientieren sich an Granzow-Emden 2013, 27 ff.

  • Aufgabe 7:

Natürlich kann man diese Aufgabe auch zu einem Wettbewerb ausbauen, auch zwischen Gruppen.

  • Aufgabe 7 und Z 2:

Die Aufgabe zielt auf eine implizite Problematisierung von Valenzuntersuchungen und insbesondere der Weglassprobe (s.o.).

  • Aufgabe Z 3:

Erweiterungsaufgabe für stärkere Schüler. Gemeint sind Fälle wie „Es regnet.“ „Es schneit.“ usw., Fälle des sog. expletiven Es, das lediglich gesetzt werden muss, um eine funktionale Leerstelle im Satz zu füllen. Die Frage ist hier also gar nicht eindeutig zu beantworten: Das Expletivum bezeichnet keine semantisch valide Ergänzung (und in diesem Sinne gibt es tatsächlich Verben ohne Ergänzung), benötigt aber offenbar eine formale Ergänzung. Eine solchermaßen differenzierte Antwort kann man natürlich nicht erwarten, hier geht es eher darum, die Diskussion anzuregen.

  • Aufgabe Z 4 und Z 5

bereiten den Weg zum Wechselspiel des finiten Verbs mit dem Subjekt vor (dazu dann Baustein 2).

 

Bildungsplanbezug

Zentraler Standard:
3.1.2.1.(1) die zentrale Bedeutung des Prädikats für
den Satz erläutern und die vom Prädikat abhängigen
Satzglieder untersuchen
Wichtige verzahnte Standards:
allgemein 2.2.(5) elementare Anforderungen an Syntax 2.2.(10) Stil
Aufg. 1 2.1.(14) szenische Gestaltung
Aufg. 2 2.2. (13) Beschreiben
Aufg. 4 3.1.1.1.(7) einzelne sprachliche Mittel beschreiben und deuten 3.1.2.2.(4) distinktive Merkmale von gesprochener und geschriebener Sprache benennen 3.1.2.2. (5) Textfunktion erkennen

Weitere Materialien

Richter, Gerda: In der Satzwerkstatt 1 , Kompetenzraster D8.01.01, Stuttgart 2014, S. 1-3 [induktive Heranführung an den Satz und die Rolle des Prädikats]

Melanie Bangel: Wie neue Verben entstehen. Unterrichtsanregungen zur Präfigierung des Verbs , Parxis Deutsch 226 (2011), 25–29.

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