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Baustein 4 Differenzierende Aufgabenformate

10. Die wichtigste Technologie ist Zuhören.

(Aus Niels Boeing, ALLES AUF NULL, Gebrauchsanweisung für die Wirklichkeit, Edition Nautilus)  

Der Entwicklung einer Hörkompetenz oder Hörverstehenskompetenz kommt im Deutschunterricht eine immer stärkere Bedeutung zu. „Audiovisuelle Medien sind für Menschen zur wichtigsten Informationsquelle geworden, sie werden zur Unterhaltung konsumiert und sind zunehmend auch – man denke etwa an das Hörbuch – Bildungs- und Kulturmedium.“ ( Schäfer, Stefan, Hörkompetenztraining im Deutschunterricht, Authentische Hörtexte und vielfältige Aufgaben Klasse 5/6, Auer, 3. Auflage 2014)

Fragt man in einer 5. Klasse nach Lieblingshörbüchern, so kommt spontan eine stattliche Liste zusammen, d.h. Kinder gehen mit diesem Medium ganz selbstverständlich um.

Auch in standardisierten Tests wird zunehmend - wie im Fremdsprachenunterricht schon längst gängige Praxis - auf Hörverstehen Bezug genommen. In den zukünftigen VERA 8 – Tests wird zukünftig die Lesekompetenz in Kombination mit einer anderen Kompetenz geprüft werden, z.B. eben der Hörverstehenskompetenz.

In der Schweiz gibt es schon seit einigen Jahren eine jährliche Lernstandserhebung namens Klassencockpit, in der das Hörverstehen, Lesen und Grammatik / Wortschatz überprüft werden. (www.klassencockpit.ch)

So ist es nur folgerichtig, dass im Bildungsplan 2016 die übergeordnete Kompetenz Sprechen erweitert wurde zu Sprechen und Zuhören.

Bei den prozessbezogenen Kompetenzen finden sich in Bezug auf das Zuhören unter 2.1. Sprechen und Zuhören folgende Formulierungen:

Die SuS können
verstehend zuhören

  1. Gespräche sowie längere gesprochene Texte konzentriert verfolgen, ihr Verständnis durch (*Mitschriften*) und Notizen sichern, aktiv zuhören;
  2. Kommunikation beurteilen: kriterienorientiert das eigene Gesprächsverhalten und das anderer beobachten, reflektieren und bewerten;
  3. auch im interkulturellen Dialog eigene und fremde Wahrnehmungen unterscheiden und kulturelle Unterschiede wahrnehmen;

Auch in den inhaltsbezogenen Standardformulierungen gibt es verschiedene Hinweise zu diesem Aspekt, insbesondere unter 3.1.1.3 Medien .

Die SuS können

(1) Medienformate hinsichtlich ihrer Darbietungsform und Kommunikationsfunktion beschreiben und bewerten (Suchmaschinen, Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsplattformen, soziale Netzwerke; Printmedien, Hörmedien, audiovisuelle Medien);
(2) bestimmen und differenziert begründen, welche Medienformate ihren Zielen entsprechen (Kommunikation, Unterhaltung, Information);
(12) ihren ersten Gesamteindruck eines Films oder Hörspiels beschreiben und begründen;
(17) ihren eigenen Umgang mit Medien im Alltag beschreiben und sich damit auseinandersetzen;

Zuhören gehört natürlich unabdingbar auch zum Führen von Gesprächen, weshalb verschiedene Standards aus 3.1.2.2. Funktion von Äußerungen in diesen Zusammenhang gestellt werden müssen, z.B.

(1) gelingende und misslingende Kommunikation unterscheiden; Gespräche als Mittel der Problemlösung erkennen

Hörverstehen, Gesprächsfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit stehen somit ein einem ganz engen Zusammenhang.

Hören – Zuhören - Hörverstehen

Das Ohr wird durch die Überbeanspruchung des Auges in unserer visuell dominierten Welt zunehmend marginalisiert. Man will Dinge oder Ideen anschaulich machen und setzt visuelle Anreize. Für die Konstituierung innerer Bilder ist das Hören jedoch ganz wesentlich und auch für die Konzentrationsfähigkeit, deren Mangel in der Schule ja immer wieder beklagt wird, spielt das Zuhören eine große Rolle.

„Ohren kann man, im Gegensatz zu Augen, nicht schließen, sodass das Ohr Geräusche ständig wahrnimmt. Allerdings blendet das Gehirn viele Geräusche aus, und das Bewusstsein nimmt nur solche Schallereignisse wahr, die dem Gehirn relevant erscheinen. Hören ist zunächst einmal die akustische Wahrnehmung und Verarbeitung von Schallereignissen [...] Zuhören hingegen meint wesentlich mehr, nämlich die sogenannte auditorische Zeitverarbeitung: Wir selektieren den akustischen Reiz, richten die kognitive Aufmerksamkeit darauf aus und interpretieren ihn. Dem Schallereignis wird so Sinnhaftigkeit unterstellt.“ (Spiegel 2009, S.190)

Zuhören ist somit etwas, das nicht einfach als Fähigkeit vorausgesetzt, aber geschult werden kann. Wer sich mit Fremdsprachendidaktik beschäftigt, weiß, dass insbesondere die Fähigkeit gesprochenen Texten Informationen zu entnehmen, etwas ist, das trainiert werden muss in verschiedensten Lernarrangements.

Zuhören ist eine grundsätzliche Schulung der Aufmerksamkeit. Bei vielen Übungen zur Hörkompetenzschulung und bei Testaufgaben finden sich deshalb zunächst Übungen für das konzentrierte, zielgerichtete Zuhören. (Vgl. Schafer, Stefan, Hörkompetenztraining S. 7-11)

Eine gute Quelle für Hörverstehensaufgaben sind auch die Aufgaben des IQB in Berlin: www.iqb.hu-berlin.de

 

Jutta Wermke fasst in ihrem Aufsatz „Das Hörbuch im Rahmen einer Hördidaktik“ (Wermke, Jutta, Das Hörbuch im Rahmen einer Hördidaktik S. 50 – 62, in Der Deutschunterricht 4/2004) als Leitsätze einer Hördidaktik zusammen:

  • Hörbarmachen des literarischen Textes und Hörbarmachen der Geschichte, die erzählt wird,
  • Bekanntmachen mit auditiven medialen Formen und Vermittlung von Vergnügen auch an schwierigeren Beispielen,
  • Zuhören lernen und die paraverbale Ausdrucksqualität der Stimme erkennen,
  • Differenzierte Wahrnehmung der akustischen Umwelt und Fähigkeit zur Mitteilung von Höreindrücken fördern.

Wie für das Lesen kann man unterschiedliche Stufen des Leseverstehens auch für das Hören ansetzen und dementsprechend verschiedene Aufgabenformate entwickeln.

Mehrebenenmodell des Hörverstehens

(Gschwend, Ruth, Zuhören und Hörverstehen- Aspekte, Ziele und Kompetenzen, S. 154,155)

Prozessebene Hierarchieniedrige Prozesse

 

Hierarchiehöhere Prozesse

  • Laute erfassen, identifizieren, sortieren, gruppieren
  • Worte erkennen, Bedeutung zuweisen, Sätze verarbeiten, Vorwissen zu Hilfe nehmen, Zusammenhänge herstellen
  • Schemata abrufen und erweitern, Schlussfolgern, mit Vorwissen verknüpfen
  • Superstrukturen erkennen
  • Darstellungsintgentionen identifizieren

Subjektebene (personale Ebene)

  • Vorwissen / Hörerfahrungen
  • Aufmerksamkeitssteuerung / Konzent ration
  • Motivation / Interesse
  • Emotionen (Empathie – und Genussfähigkeit)
  • Selbstkonzept

Soziale Ebene

Anschlusskommunikation (evtl. sozialer/kultureller Hörraum)

(Familie peers –Schule – Medien)

(Kompetenzmodell Hörverstehen in Anlehnung an das Mehrebenenmodell von Rosebrock / Nix, S. 16 in Rosebrock, Cornelia, Nix, Daniel (2008), Grundlagen der Lesedaktik und der systematischen Leseförderung, Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren)

Die Lernaufgaben

  • Kino im Kopf (Wunder)
  • Minihörspiel (Wunder)
  • Augen zu und Ohren auf (Wunder)
  • Spitzt die Ohren (Rico, Oskar und die Tieferschatten)

versuchen, die genannten Aspekte zumindest ansatzweise umzusetzen. (Siehe Reader , S, 43 - 53 [pdf] [502 KB])