Baustein 4 Differenzierende Aufgabenformate
7. Lesetagebuch zu „Wunder“ von Raquel J. Palacio
Jeder liest anders, manche schneller, manche langsamer. Manche können sich alles merken, manche vergessen ganz viel. Manchen macht das Lesen Spaß, manche müssen sich ganz schön anstrengen, ein Buch überhaupt in die Hand zu nehmen. Deshalb soll und kann auch jeder seinen Leseprozess individuell dokumentieren in einem Lesetagebuch. Das heißt, in den nächsten vier Wochen habt ihr im Unterricht Zeit zum Lesen und Arbeiten, wer in der Schule konzentriert arbeitet, muss vielleicht zu Hause gar keine Hausaufgaben machen oder einfach nur weiterlesen.
Du kannst aus den unten stehenden Vorschlägen auswählen oder dir weitere Aufga ben ausdenken. Einzige Bedingung: Du solltest 12 der vorgeschlagenen Aufgaben be arbeiten. Bitte achte auf Rechtschreibung und saubere Handschrift. Gerne kannst du deine Texte auch am Computer schreiben. Für jede Aufgabe solltest du eine neue Seite anlegen.
Ein Lesetagebuch hat einen bestimmten Aufbau. Die Gestaltung eines Deckblattes oder eines Umschlags vermittelt den ersten Eindruck, d.h., damit sollte man sich wirklich Mühe machen. Man sollte dem Deckblatt auch ansehen, worum es in dem Buch geht.
Dann musst du ein Inhaltsverzeichnis anlegen und die Seiten deshalb auch durchnummerieren. Jede bearbeitete Aufgabe muss mit einem Datum versehen werden und man braucht eine Überschrift . Am Schluss steht ein Rückblick auf die geleistete Arbeit: Was habe ich gelernt ? Dazu bekommst du ein von mir vorbereitetes Blatt (siehe Zusatzmaterialien). Am Schluss solltest du aufschreiben, woher du deine zusätzlichen Informationen bekommen hast, z.B. welche Internetseiten hilfreich waren. So eine Seite hat dann die Überschrift Quellenangaben.
Nach einer Ausstellung und Vorstellung aller Lesetagebücher in einer Unterrichtsstunde bekommt ihr von mir eine Rückmeldung in Form einer Note. Bewertet werden Vollständigkeit, Sorgfalt, Gestaltung und Ideenreichtum. Die Note zählt wie eine (hal be) Klassenarbeit.
- Gedanken vor dem Lesen. Notiere den Titel des Buches in der Mitte eines DIN A4 Blattes und schreibe fünf Minuten lang alles auf, was dir spontan dazu ein fällt ohne mit deinem Nachbarn zu sprechen. Das können Ideen, einzelne Stichwörter, Fragen usw. sein.
- Zitiere Textstellen, die du besonders spannend, wichtig, traurig, aufschlussreich ... findest. Kennzeichne die Zitate mit Anführungszeichen und Seitenan gabe (Beispiel: „He, was für’n Arzt sind Sie? Steh’n Sie auf! Aufstehen.“ Und dann ließ sie ganz plötzlich den größten, lautesten, stinkendsten Furz in der Geschichte der Fürze los““. S.16,17). Erkläre, warum du dieses Zitat gewählt hast.
- Zeichne oder beschreibe eine oder mehrere Personen. Notiere die entsprechenden Textstellen und verfasse dann eine Personenbeschreibung mit eigenen Worten.
- Notiere während deiner Lektüre alles Wichtige über die Hauptperson August.
- Welche der Personen aus dem Text hättest du gerne als Freund oder Freun din? Begründe deine Entscheidung.
- Lege eine Liste mit allen wichtigen Personen an und nenne jeweils einige Stichworte zu ihnen, z.B. Miranda: eigentlich Vias Freundin, mag aber Auggie sehr und hält immer Kon takt zu ihm ...
- Fasse den Inhalt eines Kapitels zusammen. Da es sehr kurze Kapitel sind, sollte die Zusammenfassung auch sehr kurz, aber treffend sein d.h. vielleicht nur zwei bis drei Sätze lang.
- Interviewe eine Person aus dem Buch. Schreibe das ausgedachte Interview auf.
- Vergleiche die Beecher Prep Middle School mit deiner Schule in Tabellenform. Welche Schule gefällt dir besser?
-
In dem Buch werden auch Emails ausgetauscht. Wähle eine Person aus und schreibe ihr eine Email. Vielleicht willst du sie in einer Entscheidung bestärken, für ihr Handeln loben, sie warnen oder kritisieren.
Von:
An:
Betreff:
Text: - Medaillen: Am Ende des Schuljahres werden in der Beecher Prep Middle School Medaillen vergeben für besondere Leistungen (vgl. S. 423 – 435). Welche Medaillen würdest du gerne in deiner Klasse vergeben?
- Lege ein Wörterbuch mit für dich neuen Wörtern an, z.B. Rhetorik S. 45, Bagel S.57, Maxime S.71, Genetik S.154 ...). Jedes Wort sollte erklärt werden und die Wörter sollten dem Alphabet nach geordnet werden.
- Beschreibe Auggies „Besonderheit“. („Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin.“ S.9 und „Auggie, durchs Guckloch gesehen“ S.133 – 136)
- Schreibe einen kleinen Aufsatz zu einer Maxime von Mr. Browne (1 – 2 Seiten). Im Kapitel „ Wähle die Freundlichkeit“ S. 70 – 75 kannst du nachlesen, wie das gemeint ist, auf S.441 und 442 findest du sämtliche Maximen.
- Schreibe eine Postkarte aus den Ferien an Mr. Brown. (vgl. S.443, 444 )
- Gestalte ein Quiz oder ein Kreuzworträtsel zum Buch. (Es sollten mindestens 12 Fragen sein)
- Erkläre den Titel des Buches „Wunder“.
- Schreibe ein Akrostichon zu WUNDER. Manche Leute nennen das auch „gefüll te Leberwurst“. Du musst zu jedem Buchstaben einen Satz oder ein Wort fin den, das zu unserem Buch passt, z.B. W – Wahnsinn / Warum? / wunderbare Freundschaft / Willenskraft U - ...
- Perspektiven - Der Roman besteht aus acht Großkapiteln, die aus der Sicht von unterschiedlichen Personen erzählt werden. Ordne diese Großkapitel Perso nen zu und überlege, warum diese verschiedenen Perspektiven gewählt wurden.
- Zeichne einen Comic zu einer spannenden oder vielleicht auch traurigen Sze ne.
- Suche Bilder oder Fotos, die zu bestimmten Szenen oder Kapiteln passen und formuliere in ein bis drei Sätzen, warum du diese Form der Visualisierung gewählt hast. Du kannst natürlich auch etwas malen.
- Anomalien : „Sie sagten Mom und Dad, ich hätte eine Hasenscharte und noch so ein bisschen was anderes. Sie nannten es kleine Anomalien.“ S.14 – Kennst du Menschen, die irgendwelche Anomalien haben? Wie gehen sie damit um?
- Schreibe eine Buchempfehlung für unsere Schulhomepage.
- Informiere dich darüber, was andere Kinder und Jugendliche über dieses Buch geschrieben haben und schreibe einen eigenen Blog-Beitrag.
- Stelle die Verfasserin Raquel J. Palacio vor.
- Schreibe einen Brief oder eine Email an Raquel J. Palacio. Da sie eine lebende Autorin ist, könnte es sogar sein, dass sie antwortet. (Achtung: Allerdings ist sie eine Amerikanerin und du brauchst jemanden, der dir den Brief übersetzt oder dir dabei zumindest hilft. Solche Briefe müssen über den Verlag geschickt werden.)
- Das Buch wurde 2014 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis der Jugendjury ausgezeichnet. Was ist das für ein Preis? Informiere dich und halte deine Er gebnisse dazu fest.
- ... oder du stellst dir selber eine Aufgabe, nämlich: ...
Abgabetermin des Lesetagebuchs ist: ...........................................................
Viel Erfolg und Spaß beim Arbeiten!
7.1 Hinweise zum Einsatz des Lesetagebuchs
Das Lesetagebuch ist eigentlich ein alter, aber sehr bewährter „Hut“. Unter dem Aspekt der Aufgabendifferenzierung gewinnt diese Form zusätzlichen Reiz.
Folgt man den Ausführungen von Andreas Müller in seinem Buch „Können die wo fertig sind früher gehen 6 , so kann man ein Lesetagebuch im Grunde auch als eine Art von Lernaufgabe verstehen.
Einige Zitate aus dem Buch „Werkstatt Individualisierung“ (Annemarie von der Groeben, Ingrid Kaiser, Werkstatt Individualisierung, Bergmann und Helbig Verlag, 3. Auflage
2014, S. 58 - 60) mögen das Konzept im Zusammenhang von Aufgabendifferenzierung und Individualisierung im Unterricht verdeutlichen.
„Das Lesetagebuch ist eine verbreitete und für Individualisierung besonders geeignete Methode der Erschließung und Aneignung von längeren Texten. Es gibt dafür verschiedene Formen, die sich teilweise erheblich voneinander unterscheiden; vor allem variieren das Ausmaß und die Art der Vorgaben. Unter „Lesetagebuch“ wird vielfach eine Dokumentation des Leseprozesses verstanden: In vorgegebene Listen ist einzutragen, was wann gelesen wurde. Andere Formen kombinieren diese Dokumentation mit den Aufgaben zum Inhalt und / oder der Aufforderung zu individuellen Kommentaren.
Zwei Intentionen werden hier verbunden, nämlich die intensive Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Buches und die Förderung des selbstständigen und eigenverantwortlichen Arbeitens.
Das gemeinsame Lesen spielt bei der Erarbeitung eine große Rolle. Die Schülerinnen und Schüler sitzen im Raum verteilt, können sich in einer Atmosphäre von Ruhe und Konzentration allein in einen Text vertiefen oder in einer Gruppe sitzen, in der einer vorliest, oder zu zweit Textstellen lesen und gemeinsam darüber nachdenken und diskutieren. Dabei können sie ihrer eigenen Neugier folgen, sich Gedanken machen und Fragen stellen, Empfindungen zulassen, sich mit Personen der Handlung identifizieren, Neues kennen lernen, ja selbst Teil der Handlung werden.
Dies wird angeregt durch einen „Fächer“ von Aufgaben. Die Schülerinnen und Schüler erhalten eine Angebotsliste mit Themen und Möglichkeiten ...
Für eine so umfangreiche Bearbeitung brauchen die Schülerinnen und Schüler Anregungen, Unterstützung und genaue Anweisungen. Sie lernen, wie ein Inhaltsverzeichnis angelegt wird, dass das Datum des Eintrags und die Nummerierung der Seitenzahlen wichtig sind, dass jedes Kapitel eine Überschrift erhält, Zitate gekennzeichnet werden und die Gestaltung des Deckblattes auf den Inhalt hinweisen soll.
Der Prozess der Bearbeitung dauert etwas vier Wochen. ... Die Schülerinnen und Schüler wissen, wie viel Zeit sie für die Bearbeitung haben, wann der Abgabetermin ist. Jede Woche findet eine gemeinsame Bilanz, eine Leserunde der Arbeitsergebnisse statt: Es gibt Rückmeldungen der Zuhörer, Tipps und Ideen werden ausgetauscht, Verständnisfragen gestellt, Anregungen für Verbesserungen gegeben, Wahrnehmungen und Meinungen diskutiert. Hier lernen die Schüler voneinander, regen sich an und tauschen sich aus; gerade dies ist der wichtigste Lernprozess....“ Diese Aufgabenstellung strukturiert also einen in sich geschlossenen, längeren individuellen Aneignungsprozess. „Anstelle eines Rasters, das Lernwege vorzeichnet, wird ein Fächer unterschiedlicher Möglich keiten aufgemacht, der Lernwege ermöglicht, aber nicht erzwingt.“ ( Von der Groeben, Werkstatt Individualisierung, S.28) Damit steht diese Form einer differenzierten Aufgabenstellung in einem gewissen Widerspruch zu der durchorganisierten und auch normierten Arbeit mit Kompetenzrastern, die idealerweise „ein Lernpaket auf eine Zelle zugeschnitten“ samt Lernnachweis anbieten.
Diese Konzeption von individualisierten Aufgabenblöcken steht in der Tradition der dialogischen Didaktik. Die Schweizer Didaktiker Ruf und Gallin stellen eine Kernidee in den Mittelpunkt des Unterrichts. Problemorientierung im Unterricht gelingt in ihrem Sinn dann, wenn die Belehrung durch Suchbewegungen und Aufgabenstellungen ersetzt werden.
Diese Form der Arbeit ermöglicht auch intensivere Beobachtungs- und Gesprächsphasen mit einzelnen Schülerinnen und Schülern. Die stetige Lernbegleitung, wie sie z.B. in den Handreichungen des LS beschrieben wird, lässt sich in so einer Unterrichtsform mit dieser Aufgabenkonstruktion zumindest im Bereich „Beobachten“ durchführen. (Vgl. Neue Lernkultur Lernen im Fokus der Kompetenzorientierung Individuelles Fördern in der Schule durch Beobachten – Beschreiben – Bewerten – Begleiten, Stuttgart 2009 NL 01)
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