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Baustein 4 Differenzierende Aufgabenformate

11. Theaterpädagogische Hinweise

„Szenische und theatrale Ausdrucksformen besitzen neben der sprecherzieherischen auch eine identitätsstiftende Wirkung.“ (Bildungsplan 2016, Deutsch, S. 3 Bildungswert des Faches Deutsch). Sprechen, vor allem künstlerisches Sprechen und szenisches Darstellen gelingen nicht immer auf Anhieb und bedürfen der Übung. Dazu können die folgenden Ideen aus der Theaterpädagogik Anregung geben.

11.1 Ta-ke-ti-na oder Sprechübungen aller Art

Diese kleine Sammlung von Sprechübungen kann als Trainingssequenz für die Sprech- oder Leserollen in einem Hörspiel verwendet werden. Man kann immer wieder zur Auflockerung solche Übungen machen, man kann aber auch eine ganze Stunde mit Sprechübungen gutes, deutliches und lebendiges Sprechen üben. Einige dieser Übungen und auch andere finden sich in den meisten Schulbüchern.

  1. Atemübung im Kreis, auf s ausatmen, wer schafft es am längsten?
  2. p - t- k, vom Zwerchfell her die Laute anstoßen, Tempo steigern
  3. Ta – ke – ti – na (vgl. Deutschideen Sprach- und Lesebuch Baden-Württemberg 2010 Schroedel S.90)
    Bildet zwei Reihen, die sich im Abstand von drei Metern gegenüberstehen. Jeder hat einen Partner auf der anderen Seite. Nun schickt ihr euch gegenseitig die Lautfolge Ta – ke – ti – na zu. Probiert dabei folgende Möglichkeiten aus: Sprecht mit wechselnder Lautstärke, fangt z.B. leise an und steigert die Lautstärke oder sprecht jede Silbe abwechselnd laut und leise; wechselt die Geschwindigkeit, sprecht erst langsam und werdet dann immer schneller. Sprecht verärgert, traurig, geheimnisvoll, feierlich, gehetzt. Zum Schluss gehen alle auseinander und die Laute werden nur noch geflüstert.
  4. Mit Sprachfehler sprechen (Oberbiss, Unterbiss, mit heraushängender Zunge, mit einer heißen Kartoffel im Mund, mit einem ständig weit geöffneten Mund, stotternd, jedes Wort wiederholend, mit zusammengebissenen Zähnen ...) in einer bestimmtem Situation (du hast Hausaufgaben vergessen und denkst dir eine Entschuldigung aus, du erzählst deiner Freundin den neuesten Klassentratsch, du musst ein Referat über Fische halten, du möchtest gerne Klassensprecher werden und hältst dazu eine kleine Rede, du versuchst deine Lehrerin zu überzeugen, dass ein Test völlig unnötig ist ...)
  5. Zungenbrecher

Zweiundzwanzig zahme Zwergziegen
Zogen zehn zickigen, zügellosen
Zootieren, darunter ziemlich
Verzagten Zebras zahllose zersplitterte
Zahnstocher aus den Zähnen.
Zuerst Zogen sie zögerlich, zuletzt aber
Zunehmend zielgenau. Die Zootiere
Zeterten zunächst, zu guter letzt aber
Zupften sie zufrieden an zarten
Tulpenzwiebeln und zeigten ihre
Zuneigung zu den Zwergziegen mit
Zackigen, zappelnden und zuckigen
Zootänzchen

  1. Ganz deutlich und langsam sprechen, so dass eine Art Lautbild oder Lautplastik entsteht (nach: Ritter, Hans Martin, Sprechen auf der Bühne, Ein Lehr- und Arbeitsbuch, 2009 S.107 ): Heinrich Heine
    Leise zieht durch mein Gemüt
    Liebliches Geläute
    Klinge, kleines Frühlingslied,
    kling’ hinaus ins Weite
    Kling’ hinaus bis an ein Haus,
    wo die Blumen sprießen.
    Wenn du eine Rose schaust,
    sag ich laß sie grüßen.
  2. Das ästhetische Wiesel von Christian Morgenstern. Das Grundmoment der Übung ist eine Balance über die „Kiesel inmitten Bachgeriesel“. Mit den Worten des Textes balanciert man, vorsichtig prüfend die Füße aufsetzend, von Stein zu Stein durch einen Wildbach, zunächst Silbe für Silbe, dann Wort für Wort. ...Die Zurücknahme eines angesetzten Trittes, eine Richtungswendung oder Umkehr sind möglich.. ... Mit der letzten Zeile wird die Überquerung des Baches geschafft. (s.o. S.129 )
    Ein Wiesel
    saß auf einem Kiesel
    inmitten Bachgeriesel.
    Wißt ihr weshalb?
    Das Mondkalb verriet es mir im Stillen:
    Das raffinierte Tier
    tat's um des Reimes willen.
  3. Kichererbse und Dillgurke (deutschideen, Sprach- und Lesebuch Baden-Württemberg 2010 Schroedel )
    Bildet Paare, die sich im Abstand von drei Metern gegenüberstehen. Geht langsam aufeinander zu und beschimpft euch dabei mit Gemüse- und Früchtenamen, z.B. Du Kichererbse! Du Rhabarber! Du Pampelmuse! Du Dillgurke! Je näher ihr euch kommt, desto lauter werdet ihr und unterstreicht eure Beschimpfung mit heftiger Gestik. Dann geht ihr langsam auseinander und eure Beschimpfungen werden immer schwächer, bis schließlich nur noch ein Flüstern zu hören ist.
  4. Zuckerschnäuzchen und Sumsebärchen (s.o.)
    Stellt euch zu zweit Rücken an Rücken. Dann dreht ihr euch um und beginnt, euch gegenseitig möglichst witzige Kosenamen zu geben. Währenddessen geht ihr langsam immer weiter auseinander und ruft euch weitere Kosenamen zu. Dabei werdet ihr immer lauter.
    Hier sind ein paar Beispiele für Kosenamen: Schneeflöckchen, Bubbelchen, Hatzliputzli, Sahnetäubchen, Schnuckiputz . Bestimmt findet ihr noch weitere witzige Wörter!
  5. Es sprach der Aal im Futteral (s.o.)
    Sprecht die unteren Sätze und Verse zunächst immer wieder für euch alleine. Später finden Begegnungen im Raum statt und es entstehen kurze dialogähnliche Sprechsituationen. –
    Findet weitere Sprüche!

    Jakob hat kein Brot im Haus.
    Jakob macht sich gar nichts draus.
    Jakob hin, Jakob her,
    Jakob ist ein Zottelbär.
    Was rumpelt und pumpelt
    In meinem Bauch herum?
    Was macht ein kleines Mückentier
    Doch für verfluchte Tücken mir!
    Leere Töpfe klappern und
    Leere Köpfe plappern am meisten.
    Herr Löffel sprach zur Gabel:
    Frau Gabel halt den Schnabel,
    du bist ja nur aus Stahl.
    Es sprach der Aal im Futteral:
    Der Saal ist kahl.
    Der dicke Dietrich trägt den dünnen
    Dietrich durch den dicken Dorfdreck.
    Molchwurm bohrt durch Tor und Turm.

 

11.2 Flüstergasse

  Wie funktioniert eine Flüstergasse? Die SuS stellen sich in zwei Reihen auf, so dass sie sich anschauen. Durch diese Gasse wird jeweils ein Kind geschickt, das die Augen zumachen muss und ganz langsam geht. Die anderen Kinder flüstern ihre Sätze. Es sollte leise gesprochen werden, aber in vielen Varianten: mal schneller, mal langsam, fragend, bestimmend, überdeutlich, mit bestimmten Gefühlen verbunden: wütend, enttäuscht, ermunternd ... Wenn alle Kinder durch die Flüstergasse gegangen sind, kann man über die Wirkung sprechen. Wie fühlt man sich, wenn man blind diesen Sätzen ausgeliefert ist?

An diese Übung kann sich z.B. ein Schreibauftrag anschließen oder ein Gespräch. Man hat eine Erlebnisgrundlage und nicht nur eine Vorstellung.

Flüstergasse August

  Beispiel 1: Innenperspektive von August. (Gefühle der Angst und des Ausgestoßenseins)  

  1. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir wünschen, ein normales Gesicht zu haben. .. 9
  2. Auch Mom und Dad halten mich nicht für normal. 10
  3. Ich stehe total und komplett neben mir 11
  4. Es liegt an den Operationen, die ich gehabt habe ... 11
  5. Ungefähr zwei Monate bevor ich geboren wurde, fiel den Ärzten auf, dass etwas mit meinem Gesicht nicht stimmte. 14
  6. Als ich aus Moms Bauch kam, ... wurde es im ganzen Raum sehr still. 15
  7. Ich war echt deprimiert, als Christopher vor drei Jahren wegzog. 17
  8. Wir haben immer stundenlang mit unseren Star-Wars-Actionfiguren gespielt ... Das fehlt mir. 17
  9. Es hilft mir die Sachen abzublocken, die ich nicht sehen will 36
  10. Sie glauben ich merke nicht, dass sie mich anstarren. 45
  11. Julian schnitt mir den Weg ab, sodass ich stolpern musste. 49
  12. Während sich die Plätze langsam füllten, fiel mir auf, dass sich niemand direkt neben mich setzte. 59
  13. .. es kam mir vor, als würden die Blicke von allen anderen in meinem Rücken brennen ... 62
  14. Als ich zu meinem Tisch zurückging, schauten alle rasch nach unten. 62
  15. Ich hasse die Art, wie ich esse. 77
  16. Der Junge hatte recht. Ich esse wie eine Schildkröte. 79
  17. Sie machten große Umwege um mich herum, um nur nicht gegen mich zu stoßen, als hätte ich einen Bazillus ...92
  18. Ich bin mir sicher, dass der Fotograf glaubte, ich würde das Foto ruinieren. 106
  19. Auf der Beecher Prep bin ich der alte Stinkekäse. 109
  20. Mein Gesicht fühlte sich an, als stünde es in Flammen. 116
  21. Die Tränen waren so dick, dass ich kaum was sehen konnte. 116
  22. Ich suchte ... nach einem kleinen schwarzen Loch, das mich vom Erdboden verschluck te. 117
  23. Rattenjunge. Missgeburt. Monster ... Ich kenne die Namen. 118
  24. Ekelfresse. Eidechsengesicht. Mutant ... Ich kenne die Namen. 118
  25. ... ich hatte das Gefühl, als hätte mir wer in den Magen getreten ... 118
  26. Ich bekam Zettel wie: Missgeburt! 301
  27. Meine Ohren sehen aus wie zermatschte Klumpen Pizzateig. 305
  28. Ich habe Dad noch nie zuvor weinen sehen ... 322
  29. ... ich konnte nichts dagegen tun: Ich fing an zu heulen. 388

Beispiel 2: Stimmen der anderen. Es gibt sowohl positive wie negative Äußerungen.

    1. Verschwinde aus unserer Schule, Ork. (301, Schüler)
    2. Aber ihn zur Middle School zu schicken wie das Lamm zur Schlachtbank ... (20, Dad)
    3. Ich hab ihm von all deinen Operationen erzählt und davon, wie tapfer du bist. (21, Mom)
    4. Ganz nebenbei, du hast sehr gut abgeschnitten. (22, Mom)
    5. Das wird wunderbar, August. (29, Mr Pomann)
    6. Ich bin mir nicht sicher, dass du das schaffst. (46 Charlotte)
    7. Was ist das mit deinem Gesicht? Ich meine, ist das bei einem Brand passiert, oder so? (47 Julian)
    8. Ich nehme an, der muss an Halloween keine Maske aufsetzen, was? (180, Savanna)
    9. Ich freue mich total auf unsere Ägyptenausstellung, du auch? (184, Summer)
    10. Fragst du dich manchmal, was mit den Menschen passiert, wenn sie sterben? (188, Summer)
    11. Können wir nicht einfach einen Vulkan machen? (261, Jack)
    12. Du bist so witzig, August! (303, Maya)
    13. Ich hab nur angerufen, um dir zu sagen, dass ich dich vermisse ... (345, Miranda)
    14. Tja, ich hab nur angerufen, um dir zu sagen, ... dass ich hoffe, dass du ein gutes Jahr hast. (345, Miranda)
    15. O Mann o Mann, was ist mit deinem Gesicht passiert? (381, Siebtklässler)
    16. Schaut mal Leute, das ist Gollum. (381, Siebtklässler)
    17. Sprichst du mit mir, ... du hässliche Missgeburt? (382 Siebtklässler)
    18. War cool, wie du dich vor die hingestellt hast. (387, Amos)
    19. Du bist echt ein tapferer kleiner Typ, (388 Amos)
    20. Bist du okay? (388, Jack)

    Flüstergasse Jack  

    1. Heißt du Jack oder Jack Will? ( 43, August)
    2. Hallo? Ich hatte Schönheitsoperationen, siehst du das nicht? (95, August)
    3. Lass ihn einfach links liegen. (115, Julian)
    4. Und die Lehrer müssen ihm erzählt haben, dass du ein besonders nettes Kind bist. (198, Jacks Mom)
    5. Du sollst ein Willkommenskumpel sein, so hat er das genannt. (198, Jacks Mom)
    6. Ich meine, ich bin wirklich stolz, dass sie eine so hohe Meinung von dir haben ... (198, Jacks Mom)
    7. Jack, ich finde wirklich, es ist nicht zu viel verlangt, dass du ein bisschen Zeit mit einem neuen Schüler verbringst. (199, Jacks Mom)
    8. Jeden Tag sollten wir dem Herrn dafür danken, dass es uns so gut geht, habt ihr mich verstanden? (201, Veronica, Jacks Kindermädchen)
    9. Jack, manchmal meint man etwas nicht böse und verletzt trotzdem jemanden. (202, Veronica, Jacks Kindermädchen)
    10. Ich bin stolz auf dich, Jackie. (206, Jacks Mom)
    11. Ich wusste, du würdest dich dieser Situation gewachsen fühlen, Kiddo, sehr gut. (206, Jacks Mom)
    12. Hey, Jack, wo gehst du hin? (220, Julian)
    13. Sieht aus, als wären du und dein bester Kumpel Partner. (225, Julian)
    14. Das muss dich ja fertigmachen, dass du so an dem kleben bleibst. (226, Julian)
    15. Wir hätten Partner sein können. (226, Julian)
    16. Hallo? Erde an Jack Will? (226, Julian)
    17. Du musst nicht mit der Missgeburt befreundet sein, wenn du nicht willst ... (227, Julian)
    18. Jack, das ist sehr, sehr ernst. (228, Mr.Pomann)
    19. Du hast ihm einen Zahn ausgeschlagen, weißt du das ? (229, Mr. Pomann)
    20. Ich weiß nicht so ganz, was ich dazu sagen soll. Ich meine, du hast einen Jungen mit der Faust geschlagen. (229, Mr. Pomann)
    21. Es gibt hier Regeln, was derlei Dinge anbelangt, weißt du? (230, Mr. Pomann)
    22. Automatischer Schulverweis. (230, Mr. Pomann)
    23. Wir wärs damit: Du bleibst den Rest der Woche zu Hause, und nach den Winterferien kommst du wieder, und wir fangen ganz frisch noch einmal von vorne an. (230, Mr Pomann)
    24. Denk drüber nach, was du getan hast, 0kay? ((231, Mr. Pomann)
    25. Möchtest du mir erzählen, was in deinem Kopf vorgeht? (232, Jacks Mom)
    26. Wir können uns glücklich schätzen, Jack. Es gibt so vieles, was wir für selbstverständlich halten. (233, Jacks Mom)
    27. Das ist ja schrecklich. Die Leute sind nicht immer so toll. (233, Jacks Mom)
    28. Ich weiß, dass gute Freunde es manchmal wert sind, dass man sie verteidigt. (235, Mr. Pomann)
    29. Hast du Julian echt eine reingehauen? (241, August)
    30. Yeah, Mann, wir sind wieder Freunde. (243, August)
    31. Julian hat allen erzählt, dass du ihn geschlagen hättest, weil du emotionale Probleme hast ... (247, Charlotte)
    32. Also, es läuft darauf hinaus, dass er komplett aufhören wird, dein Freund zu sein, um dir zu helfen. (248, Charlotte)
    33. Aber für alle anderen ist das komplett ein Jungs-Krieg. (249, Charlotte)
    34. Ist doch eklig, Jack. Lass uns warten. (377, August)
    35. Dein kleiner Loverboy ist mein Problem. (382, Eddie)
    36. Jack, lass uns gehen. (384, August)

    11.3 Die „Wundermaschine“ als Vorübung zum Hörspiel

    • Die SuS wählen aus dem von ihnen gewählten Kapitel aus „Wunder“ einen Satz, der ihnen interessant oder bedeutsam erscheint.
    • Dann stellen sich alle im Kreis auf.
    • Jeder spricht der Reihe nach seinen Satz laut und deutlich vor und sagt kurz, warum er ihn gewählt hat.
    • Ein SuS spricht seinen Satz in einer bestimmten Weise (z.B. traurig, wütend, laut, langsam, lispelnd, flüstern etc.) vor, die Gruppe wiederholt diesen als Chor, dann ergreift jemand anderes den Impuls. Die Sätze sollen möglichst gleich nachgesprochen werden.
    • Alle gehen im Raum umher (ohne sich zu berühren) und sprechen ihren Satz auf unterschiedliche Weise. Wechsel jeweils durch Klatschen o.ä. (flüstern, schreien, zischen, schluchzen, wimmern, stottern ...)
    • Die SuS präsentieren ihren Satz auf einer imaginären Bühne: genauer Auftrittsweg, fünf Sekunden zählen – Spannung halten, ins Publikum schauen, Auftritt = Sprechen des Satzes, Abtritt
    • „Wundermaschine“. Die SuS treten der Reihe nach mit ihrem Satz auf und verharren in einer bestimmten Position. Mit Pausen wiederholen sie „maschinenartig“ ihren Satz. Eine Bewegung kann den Satz unterstreichen. Weitere Schüler bauen ihren Satz an und wiederholen diesen ebenfalls. Das rhythmische Element der Sprache ist hier sehr wichtig. Es sollte sich eine Reflexion darüber anschließen, wie so etwas wirkt.

     

    Baustein 4 Differenzierende Aufgabenformate: Herunterladen [pdf] [502 KB]

    Mini-Hörspiel: Herunterladen [mp3] [2,5 MB]