Präkonzepte in den Naturwissenschaften
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
1. Definition und Bedeutung
Dass der Unterricht an die von den Schülern mitgebrachten Vorstellungen anknüpfen muss, ist eine alte Erkenntnis, die seit vielen Jahren bis heute in der chemiedidaktischen Diskussion eine große Rolle spielt. So hielt der Förderverein MNU in seinen Lehrplanempfehlungen 1989 als wesentliche Forderungen an den Chemieunterricht fest:
Komplexes Denken üben
Kommunikationsfähigkeit entwickeln
Schülervorstellungen berücksichtigen.
und in Chemkon heißt es:
"Das konstruktivistische Modell des Wissenserwerbs stellt Lernen als einen aktiven,
zielgerichteten Prozess dar. Das Vorwissen des Einzelnen
beeinflusst grundlegend, welche Informationen wahrgenommen und wie sie interpretiert
werden. Auch im naturwissenschaftlichen Bereich bringen Schüler viele Vorstellungen
mit in den Unterricht, die nicht mit den wissenschaftlichen übereinstimmen.
Ein Nichtaufgreifen dieser Ideen kann zu Lernschwierigkeiten führen."
1
1.1 Bezeichnungen und Definitionen
Barke 2 definiert "Schülervorstellungen" wie folgt: Die ohne ein spezifisches Vorwissen entstehenden Vorstellungen werden aufgrund vieler genauer Beobachtungen und logischer Verknüpfungen entwickelt und können deshalb auch nicht falsch sein. Sie werden gern als Alltags- oder lebensweltliche Vorstellungen oder als alternativ , ursprünglich bzw. vorwissenschaftlich oder als Präkonzepte bzw. misconceptions bezeichnet. Schülervorstellungen im fortgeschrittenen Unterricht sind nicht allein ursprünglichen Überlegungen der Jugendlichen zuzuschreiben, sondern überwiegend durch die Vermittlungsprozesse im Unterricht entstanden. Man kann diese daher nach Barke hausgemachte Präkonzepte nennen.
1.2 Bedeutung von Präkonzeptenbzw. Misskonzepten für den Unterricht
"Ohne ausdrückliches Abbauen falscher Vorstellungen werden keine tragfähigen neuen Vorstellungen erworben." sagt Piaget und Pfundt führt aus. "Der Unterricht muss nicht lediglich von Unkenntnis zu Kenntnis leiten, er muss vielmehr auch vorhandene Kenntnis durch andersartige Kenntnis ersetzen." 3
Nach Barke 2 ist für den Vermittlungsprozess wichtig, dass reflektiert wird über
- Vorhandene Widersprüche innerhalb eigener Erklärungen der Schüler,
- Widersprüche zwischen Präkonzepten und wissenschaftlichen Vorstellungen,
Nach konstruktivistischen Theorien ist ein Wechsel von ursprünglichen zu wissenschaftlichen Vorstellungen nur möglich, wenn
- Individuen die Gelegenheit gegeben wird, eigene Lernstrukturen individuell aufzubauen,
- Aktivität und Eigentätigkeit jedes Lernenden im Unterricht gegeben ist,
- Ein "conceptual growth" stattfindet (nach Piaget: Assimilation)
- Ein "conceptual change" (nach Piaget: Akkomodation) stattfindet.
Ein Lehrer wird danach gelegentlich mit einem "learning doctor" gleichgesetzt, der zunächst diagnostiziert und dann möglichst individuell therapiert.
Beispiele für Präkonzepte
Die wichtigsten Fehlvorstellungen (nicht tragfähigen Vorstellungen) von Mittelstufenschülern und Vorschläge für den Unterricht findet man im Internet bei:
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Kind, Vanessa: Beyond Appearances: Students' misconceptions about basic chemical ideas (2004)
http://www.rsc.org/images/Misconceptions_update_tcm18-188603.pdf -
Student Preconceptions and Misconceptions in Chemistry Integrated Physics and Chemistry- Modeling Workshop Arizona State University, June 2001
http://www.daisley.net/hellevator/misconceptions/misconceptions.pdf
Präkonzepte in den Naturwissenschaften:
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1 Anne Beerenwinkel, Ilka Parchmann, Cornelia Gräsel: Chemieschulbücher in der Unterrichtsplanung – Welche Bedeutung haben Schülervorstellungen? In CHEMKON 14, (2007) Issue 1 , Pages 7 - 14
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Barke, H.: Chemiedidaktik. Diagnose und Korrektur von Schülervorstellungen. Berlin Heidelberg 2006, S. 21
3 Pfundt, H.: Ursprüngliche Erklärungen der Schüler für chemische Vorgänge, MNU 28 (1975), 157