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Stu­di­en­rei­sen in der Kurs­stu­fe

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Soll­ten die Stu­di­en­rei­sen in der Kurs­stu­fe be­schränkt wer­den?
Un­be­dingt!

Fahr­ten, die zu Fern- und Lu­xus­rei­sen aus­ar­ten, sind un­an­ge­mes­sen. Rei­sen zum „Teu­to­nen­grill“ nach Ri­mi­ni oder Mal­lor­ca las­sen sich wohl kaum noch mit dem ge­for­der­ten Bil­dungs­wert einer Stu­di­en­rei­se ver­ein­ba­ren. Auf­ge­bläh­te Aus­lands­zie­le, die mit dem Vo­ka­bu­lar aus der Wer­be­bran­che zu Pro­jek­ten der Völ­ker­ver­stän­di­gung auf­ge­motzt wer­den, be­ste­hen größ­ten­teils nur aus ober­fläch­li­chen Sight­see­ing-Tou­ren, die als Alibi-Ver­an­stal­tung für nächt­li­che Fun-Ak­tio­nen her­hal­ten müs­sen. Eben­so sind auf­wen­di­ge Ski­rei­sen aus öko­no­mi­schen und öko­lo­gi­schen Grün­den ab­zu­leh­nen. Sol­che An­ge­bo­te sind ein Spie­gel­bild der pas­si­ven Kon­sum­hal­tung der deut­schen Wohl­stands­ge­sell­schaft und haben in der Schu­le über­haupt nichts ver­lo­ren. Ju­gend­li­che sol­len ler­nen, dass man sich einen be­stimm­ten Le­bens­stil ver­die­nen muss, an­statt selbst­ver­ständ­lich zu kon­su­mie­ren. Eine mü­he­lo­se Er­fül­lung von Wün­schen führt nur zu einer An­spruchs­hal­tung, die sich im spä­te­ren Leben ne­ga­tiv aus­wirkt. Die El­tern soll­ten den Mut auf­brin­gen, sich gegen den Wunsch und Wil­len des ei­ge­nen Kin­des aus­zu­spre­chen oder sich gegen wort­ge­wal­ti­ge Mit­el­tern durch­zu­set­zen. Ge­hei­me Ab­stim­mun­gen am El­tern­abend kön­nen da hilf­reich sein. Teure Fahr­ten ber­gen die Ge­fahr so­zia­ler Aus­le­se, wenn Schü­le­rin­nen oder Schü­ler aus Kos­ten­grün­den zu Hause blei­ben müs­sen. Kin­der aus fi­nan­zi­ell schlech­ter ge­stell­ten Fa­mi­li­en wer­den auf diese Weise aus­ge­grenzt. Dies för­dert nicht das So­li­da­ri­täts­ge­fühl unter den Schü­lern. Eine Zwei­klas­sen­ge­sell­schaft deu­tet sich an. Schul­rei­sen sind nicht Nach­wuchs­för­de­rung für Pau­schal­tou­ris­mus, son­dern Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen mit einem päd­ago­gi­schen Auf­trag, der sich viel bes­ser in der nä­he­ren Um­ge­bung in er­schwing­li­chen Un­ter­künf­ten er­fül­len lässt, zum Bei­spiel in einer der über 600 deut­schen Ju­gend­her­ber­gen oder den rund 500 Na­tur­freun­de­häu­sern. Beim Wan­dern durch den Schwarz­wald oder auf dem Elbe-Rad­weg ab­seits der be­kann­ten Tou­ris­mus-Hoch­bur­gen ler­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler nicht nur ihnen bis­her ver­bor­gen ge­blie­be­ne „Schät­ze der Hei­mat“ ken­nen, son­dern sie ge­win­nen auch ge­nü­gend Zeit und Ruhe, um sich als Grup­pe zu fin­den und zu­sam­men mit ihren Leh­rern ein Ge­mein­schafts­ge­fühl zu ent­wi­ckeln.


Soll­ten die Stu­di­en­rei­sen in der Kurs­stu­fe be­schränkt wer­den?
Auf kei­nen Fall!

Im Schul­le­ben sind Stu­di­en­fahr­ten ein Mei­len­stein für die Ent­wick­lung der Ju­gend­li­chen. An ihre letz­te Schul­rei­se er­in­nern sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ihr Leben lang. Diese Fahr­ten sind nicht nur eine wert­vol­le Er­gän­zung des Un­ter­richts als eine ganz an­de­re Form der Wis­sens­ver­mitt­lung, son­dern sie för­dern auch den Ge­mein­sinn und das ge­gen­sei­ti­ge Ver­ste­hen zwi­schen Leh­rern und Schü­lern. Wenn man in Bar­ce­lo­na die ein­zig­ar­ti­ge Ju­gend­stil­ar­chi­tek­tur von Gaudí ken­nen­lernt oder zum ers­ten Mal in Wien ein Kon­zert be­sucht oder in Rom über das Forum Ro­ma­num schlen­dert, sind dies Bil­dungs­er­leb­nis­se, die man nie ver­gisst. Die Schu­le wird zu einem flie­gen­den Klas­sen­zim­mer. Ge­ra­de für Schü­le­rin­nen und Schü­ler aus den so­ge­nann­ten bil­dungs­fer­nen Schich­ten stel­len sol­che An­ge­bo­te eine ein­ma­li­ge Chan­ce dar. Wer soll ihnen sonst den Weg in die Welt der Mu­se­en, Thea­ter und Mo­nu­men­te wei­sen, wenn nicht die Schu­le? In einer mo­der­nen schü­ler­ori­en­tier­ten Bil­dungs­land­schaft soll­te es auch selbst­ver­ständ­lich sein, die Schü­le­rin­nen und Schü­ler bei der Aus­wahl der Rei­se­zie­le mit­ent­schei­den zu las­sen. Die Ju­gend­li­chen wün­schen als Ziel für ihre Ab­schluss­fahr­ten das Aus­land. Dort wol­len sie sich auch noch ein­mal in­ten­siv als Ge­mein­schaft er­fah­ren und be­vor­zu­gen des­halb Rei­sen mit Disco und an­de­ren Spaß­an­ge­bo­ten. Die Leh­rer, die mit ihren Schü­lern wan­dern oder sie ins Mu­se­um füh­ren, aber auch ein­mal eine Disco be­su­chen, haben auf Grund der ver­bin­den­den Er­leb­nis­se we­ni­ger Dis­zi­plin­schwie­rig­kei­ten, was sich po­si­tiv auf den Lern­wil­len der Schü­ler aus­wirkt. Schließ­lich haben die Schü­ler ge­se­hen, dass ihre Leh­rer auch nur ganz nor­ma­le Men­schen sind, die ge­nau­so fröh­lich fei­ern kön­nen. Das oft be­klag­te Pro­blem, dass man­che El­tern in fi­nan­zi­el­le Eng­päs­se ge­ra­ten, lässt sich leicht lösen, wenn man be­wusst meh­re­re, auch un­ter­schied­lich teu­re­re Rei­sen an­bie­tet, so dass für jeden etwas zu fin­den ist. Und wenn es wirk­lich ein­mal ganz eng wird, ste­hen ja mitt­ler­wei­le in allen Schu­len För­der­ver­ei­ne be­reit, um mit ihren Zu­schüs­sen mög­li­che Be­nach­tei­li­gun­gen aus­zu­glei­chen.