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Ro­man­wirk­lich­keit / Ge­schich­te im Roman - Schwan­ger­schaft

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Ein Kon­struk­ti­ons­prin­zip in Peter Stamms Tex­ten ist die Über­la­ge­rung kon­tras­tie­ren­der Wirk­lich­kei­ten.

Ar­beits­auf­trag

  1. Un­ter­su­chen Sie, wie der Er­zäh­ler in den Text­aus­schnit­ten auf die Schwan­ger­schaft sei­ner Ge­lieb­ten re­agiert. Wo zei­gen sich of­fen­kun­di­ge Lü­cken, Wi­der­sprü­che, Be­zü­ge? No­tie­ren Sie kon­tras­ti­ve Schlüs­sel­stel­len auf einer Folie.
  1. Deu­ten Sie die un­ter­schied­li­che Dar­stel­lung.

Text 1

Dann sagte Agnes: »Ich bin schwan­ger ... Ich krie­ge ein Kind«, sagte sie. »Freust du dich?«
Ich stand auf und ging in die Küche, um mir ein Bier zu holen. Als ich zu­rück­kam, saß Agnes auf mei­nem Schreib­tisch und spiel­te mit einem Ku­gel­schrei­ber. Ich setz­te mich neben sie, ohne sie zu be­rüh­ren. Sie nahm mir die Fla­sche aus der Hand und trank einen Schluck.
»Schwan­ge­re Frau­en soll­ten kei­nen Al­ko­hol trin­ken«, sagte ich und lach­te ver­krampft.
Sie boxte mich in die Schul­ter. »Und?« frag­te sie. »Was sagst du?«
»Nicht ge­ra­de, was ich mir vor­ge­stellt habe. Warum? Hast du die Pille ver­ges­sen?«
»Der Arzt sagt, es kann auch mit der Pille pas­sie­ren. Ein Pro­zent oder so der Frau­en, die die Pille neh­men ...«
Ich schüt­tel­te den Kopf und sagte nichts. Agnes be­gann, leise zu wei­nen.
»Agnes wird nicht schwan­ger«, sagte ich. »Das war nicht... Du liebst mich nicht. Nicht wirk­lich.«
(S. 89)
»Warum sagst du das? Es ist nicht wahr. Ich habe nie ... nie habe ich das ge­sagt.«
»Ich kenne dich. Ich kenne dich viel­leicht bes­ser als du dich selbst.«
»Das ist nicht wahr.«
Als müsse ich mich selbst über­zeu­gen, sagte ich nur:  »Sie ist nicht schwan­ger.«
Agnes rann­te ins Schlaf­zim­mer. Ich hörte, wie sie sich  aufs Bett warf und laut schluchz­te. Ich folg­te ihr und  blieb in der Tür ste­hen. Sie sagte etwas, das ich nicht  ver­stand.
»Was sagst du?«
»Es ist dein Kind.«
»Ich will kein Kind. Ich kann kein Kind ge­brau­chen.«
»Was soll ich tun? Was willst du denn, daß ich tue? Ich  kann es nicht än­dern.«
Ich setz­te mich aufs Bett und legte die Hand auf ihre Schul­ter.
»Ich brau­che kein Kind.«
»Ich brau­che auch kein Kind. Aber ich be­kom­me eins.«
»Man kann das än­dern«, sagte ich leise.
Agnes sprang auf und schau­te mich an mit einer Mi­schun­g­aus Ekelund Wut.
»Du willst, daß ich ab­trei­be?«
»Ich liebe dich. Wir müs­sen reden.«
»Immer sagst du, wir müs­sen reden. Aber du re­dest nie.«
(S. 90)
»Jetzt rede ich.«
»Geh, geh weg. Laß mich. Du wi­derst mich an mit dei­ner Ge­schich­te.«
Ich ver­ließ das Zim­mer. Ich zog mich warm an und ging nach drau­ßen.
(S. 91) [1]


Text 2

Aus­schnit­te S. 107, 115 - 119


Ro­man­wirk­lich­keit / Ge­schich­te im Roman - Schwan­ger­schaft:
Her­un­ter­la­den [doc] [51 KB]


[1] Peter Stamm: Agnes . S. Fi­scher Ver­lag 2009, 5. Auf­la­ge, Fi­scher (Tb) © 1998 by Peter Stamm