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Übungen

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

7. Übungen an Stationen

Beispiele aus:

Georg Büchner: „Leonce und Lena“

Beschreibung des Dialogausschnittes

Dialoge können folgende Merkmale haben und nach Typen unterschieden werden:

Erläuterung der Merkmale und Typen

Rosetta Du liebst mich, Leonce?

Leonce Ei warum nicht?

Rosetta Und immer?

Leonce Das ist ein langes Wort: immer! Wenn ich dich nun noch fünftausend Jahre und sieben Monate liebe, ist's genug? Es ist zwar viel weniger, als immer, ist aber doch eine erkleckliche Zeit, und wir können uns Zeit nehmen, uns zu lieben.

Rosetta Oder die Zeit kann uns das Lieben nehmen.

Leonce Oder das Lieben uns die Zeit. Tanze, Rosetta, tanze, daß die Zeit mit dem Takt deiner niedlichen Füße geht!

Rosetta Meine Füße gingen lieber aus der Zeit. ( Sie tanzt und singt .)

(Büchner, Leonce und Lena, I.3)

 

  1. Inhalts- und Beziehungsaspekt der Kommunikation

Ein kommunikativer Akt enthält immer eine Beziehungskomponente und einen Inhaltsaspekt. Diese bewirken, dass sich Sprecher und Hörer nicht immer einig sind, was wie gemeint und verstanden werden soll.

Erster Kammerdiener Als Eure Majestät diesen Knopf in Ihr Schnupftuch zu knüpfen geruhten, so wollten Sie...

Peter Nun?

Erster Kammerdiener Sich an Etwas erinnern.

Peter Eine verwickelte Antwort! - Ei! Nun an was meint Er?

Zweiter Kammerdiener Eure Majestät wollten sich an Etwas erinnern, als Sie diesen Knopf in Ihr Schnupftuch zu knüpfen geruhten.

(Büchner, Leonce und Lena, I.1)

 

  1. Symmetrische oder komplementäre/ asymmetrische Kommunikation

Kommunikation zwischen gleichberechtigten Positionen oder zwischen überlegener Stellung einerseits und unterlegener Stellung andererseits.

Peter Aber, Staatsrath, habe ich nicht den Beschluß gefaßt, daß meine königliche Majestät sich an diesem Tag freuen und daß an ihm die Hochzeit gefeiert werden sollte? War das nicht unser festester Entschluß?

Präsident Ja, Eure Majestät, so ist es protokollirt und aufgezeichnet.

Peter Und würde ich mich nicht kompromittiren, wenn ich meinen Beschluß nicht ausführte?

Präsident Wenn es anders für Eure Majestät möglich wäre sich zu kompromittiren, so wäre dieß ein Fall, worin sie sich kompromittiren könnte.

Peter Habe ich nicht mein königliches Wort gegeben? Ja, ich werde meinen Beschluß sogleich ins Werk setzen, ich werde mich freuen. ( Er reibt sich die Hände .) O ich bin außerordentlich froh!

Präsident Wir theilen sämmtlich die Gefühle Eurer Majestät, so weit es für Unterthanen möglich und schicklich ist.

Peter O ich weiß mir vor Freude nicht zu helfen. […]

(Büchner, Leonce und Lena, III.3)

 

  1. Handlungszwänge

Sie wirken sich auf die Kommunikation aus oder werden durch die Kommunikation (z. B. in Form von Einschüchterung) ausgeübt.

Landrath Lieber Herr Schulmeister, wie halten sich Eure Leute?

Schulmeister Sie halten sich so gut in ihren Leiden, daß sie sich schon seit geraumer Zeit aneinander halten. Sie gießen brav Spiritus in sich, sonst könnten sie sich in der Hitze unmöglich so lange halten. […]

Landrath Und Schulmeister, Ihr stehet vor die Nüchternheit.

Schulmeister Versteht sich, denn ich kann vor Nüchternheit kaum mehr stehen.

(Büchner, Leonce und Lena, III.2)

 

  1. Verhörgespräche und Verteidigungsreden (forensisches Sprechen)

 

Leonce  […] Ja es ist traurig ...

Hofmeister Sehr traurig, Euer Hoheit.

Leonce  Daß die Wolken schon seit drei Wochen von Westen nach Osten ziehen. Es macht mich ganz melancholisch.

Hofmeister Eine sehr gegründete Melancholie.

Leonce Mensch, warum widersprechen Sie mir nicht? Sie sind pressirt, nicht wahr? Es ist mir leid, daß ich Sie so lange aufgehalten habe.

(Büchner, Leonce und Lena, I.1)

 

  1. Enthüllungs-
    gespräche

Kommunikative Akte können der Demaskierung von Figuren oder Zuständen dienen. Sie sind vom Autor/ von der Autorin aus diesem Zweck so konstruiert, dass sich der Adressat (Zuschauer/ Leser) ein bestimmtes Bild machen soll.

Peter Ja, wenn aber der Prinz nicht kommt und die Prinzessin auch nicht?

Präsident Ja, wenn der Prinz nicht kommt und die Prinzessin auch nicht, - dann - dann

Peter Dann, dann?

Präsident Dann können sie sich allerdings nicht heirathen.

Peter Halt, ist der Schluß logisch? Wenn - dann. - Richtig! Aber mein Wort, mein königliches Wort!

Präsident Tröste Eure Majestät sich mit andern Majestäten. Ein königliches Wort ist ein Ding, - ein Ding, - ein Ding, das nichts ist.

Peter ( zu den Dienern ) Seht ihr noch nichts?

Die Diener Eure Majestät, nichts, gar nichts.

(Büchner, Leonce und Lena, III.2)

 

  1. Entscheidungs-
    gespräche

Die Dialoge haben Auswirkungen auf das weitere Handeln und/ oder Verhalten der Figuren oder setzen dieses fest.

Leonce Aber Bester, schnaufen Sie nicht so stark, oder die Bienen und Schmetterlinge müssen verhungern über den ungeheuren Prisen, die Sie aus den Blumen ziehen.

Valerio Ach Herr, was ich ein Gefühl für die Natur habe! Das Gras steht so schön, daß man ein Ochs sein möchte, um es fressen zu können, und dann wieder ein Mensch, um den Ochsen zu fressen, der solches Gras gefressen.

Leonce Unglücklicher, Sie scheinen auch an Idealen zu laboriren.

(Büchner, Leonce und Lena, I.1)

 

  1. Reflexionsdialoge/ Diskurse

Vorhergehendes oder Zukünftiges wird überdacht

Leonce ( allein, streckt sich auf der Bank aus ) Die Bienen sitzen so träg an den Blumen, und der Sonnenschein liegt so faul auf dem Boden. Es krassirt ein entsetzlicher Müßiggang. –

(Büchner, Leonce und Lena, I.1)

 

  1. Sprechgesten

Beiseitesprechen, Mauerschau, Botenbericht, Monologe

Rosetta Meine Füße gingen lieber aus der Zeit. ( Sie tanzt und singt .)

O meine müden Füße, ihr müßt tanzen

In bunten Schuhen,

Und möchtet lieber tief, tief

Im Boden ruhen.

O meine heißen Wangen, ihr müßt glühen

Im wilden Kosen,

Und möchtet lieber blühen

(Büchner, Leonce und Lena, I.3)

 

  1. Sprüche machen, sich Redewendungen bedienen, Zitate verwenden, Lieder rezitieren

Die Figuren verwenden vorgefertigtes Sprachmaterial.

Rosetta Du liebst mich, Leonce?

Leonce Ei warum nicht?

Rosetta Und immer?

Leonce Das ist ein langes Wort: immer! Wenn ich dich nun noch fünftausend Jahre und sieben Monate liebe, ist's genug? Es ist zwar viel weniger, als immer, ist aber doch eine erkleckliche Zeit, und wir können uns Zeit nehmen, uns zu lieben.

(Büchner, Leonce und Lena, I.3)

 

  1. Uneigentliches Sprechen

Das, worum es geht, wird ausgespart, erscheint aber dem Zuschauer/ Leser umso deutlicher.

(König Peter. Der Staatsrath.)

Peter Meine Lieben und Getreuen, ich wollte euch hiermit kund und zu wissen thun, kund und zu wissen thun - denn entweder verheirathet sich mein Sohn, oder nicht, ( legt den Finger an die Nase .) entweder, oder - ihr versteht mich doch? Ein Drittes gibt es nicht. Der Mensch muß denken. ( Steht eine Zeit lang sinnend .) Wenn ich so laut rede, so weiß ich nicht wer es eigentlich ist, ich oder ein Anderer, das ängstigt mich. ( Nach langem Besinnen .)

Ich bin ich. Was halten Sie davon, Präsident?

Präsident ( gravitätisch langsam ) Eure Majestät, vielleicht ist es so, vielleicht ist es aber auch nicht so.

(Büchner, Leonce und Lena, I.2)

 

  1. Komik

Entweder unfreiwillig oder den bewusst bloßstellend und entlarvend.

Peter ( mit Rührung ) O meine Weisen! - Also von was war eigentlich die Rede? Von was wollte ich sprechen? Präsident, was haben Sie ein so kurzes Gedächtniß bei einer so feierlichen Gelegenheit? Die Sitzung ist aufgehoben. ( Er entfernt sich feierlich, der ganze Staatsrath folgt ihm .)

(Büchner, Leonce und Lena, I.2)

 

  1. Plötzliche Gefühlsausbrüche (bewusst, ungewollt)

Die Figuren zeigen bewusst Emotionen, die mit dem Sprechakt in Übereinstimmung sind oder im Kontrast zu ihm stehen können.

(Leonce streckt sich auf ein Ruhebett. Rosetta zierlich gekleidet, tritt ein. Man hört Musik aus der Ferne .)

Rosetta ( nähert sich schmeichelnd ) Leonce!

Leonce Rosetta!

Rosetta Leonce!

Leonce Rosetta!

Rosetta Deine Lippen sind träg. Vom Küssen?

Leonce Vom Gähnen!

Rosetta Oh!

Leonce Ach Rosetta, ich habe die entsetzliche Arbeit...

Rosetta Nun?

Leonce Nichts zu thun ...

Rosetta Als zu lieben?

Leonce Freilich Arbeit!

Rosetta ( beleidigt ) Leonce!

Leonce Oder Beschäftigung.

Rosetta Oder Müßiggang.

(Büchner, Leonce und Lena, I.2)

 

  1. Gelungene und nicht gelungene Sprechakte

Taktisch bewusst eingesetzt/ unbewusst/ in der gesellschaftlichen Situation begründet/ dem individuellen Verhalten der Figur(en) geschuldet.

(C) Text "Beispiele aus: Georg Büchner: Leonce und Lena" Text mit freundlicher Genehmigung der Zenodot Verlagsgesellschaft mbH

  http://www.zeno.org - Zenodot Verlagsgesellschaft mbH

  http://www.zeno.org/Literatur/M/B%C3%BCchner,+Georg/Dramen/Leonce+und+Lena?hl=leonce+und+lena

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