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6.1 Schrit­te der nor­men­kri­ti­schen Ur­teils­bil­dung in Klas­se 9/10

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

 

Nor­men­kri­ti­sche Ur­teils­bil­dungs­kom­pe­tenz ist eine kom­ple­xe Fä­hig­keit, die sich in der Lö­sung eines kon­kre­ten mo­ra­li­schen Pro­blems zeigt und sich zu­sam­men­setzt aus:

  1. Sus kön­nen eine Si­tua­ti­on als mo­ra­li­sches Pro­blem er­ken­nen.
  2. SuS kön­nen eine Si­tua­ti­on hin­sicht­lich der be­tei­lig­ten Per­so­nen, der Um­stän­de etc. ana­ly­sie­ren
  3. SuS kön­nen mög­li­che Hand­lungs­op­tio­nen ent­wi­ckeln und deren Fol­gen gedank­lich ent­wi­ckeln sowie ar­gu­men­ta­tiv ge­gen­ein­an­der ab­wä­gen.
  4. SuS kön­nen Hand­lungs­op­tio­nen und unter Be­rück­sich­ti­gung zen­tra­ler mora­lischer Aus­sa­gen der Bibel (d.h. bi­blisch-ethi­scher Nor­men) kri­tisch prü­fen.
  5. SuS kön­nen auf der Grund­la­ge der Über­le­gun­gen ent­schei­den und ggf. han­deln.

Bei­spiel: Mira wird in von ihren Mit­schü­le­rin­nen Susi und Ella, zwei Wort­füh­re­rin­nen in der Klas­se, ge­mobbt.

1. Die Si­tua­ti­on als mo­ra­li­sches Pro­blem oder Her­aus­for­de­rung er­ken­nen kön­nen:
Ich über­prü­fe, ob es ein mo­ra­li­sches Pro­blem ist.

„Mira ist in Not, sie lei­det, ist trau­rig, hilf­los. Susi und Ella er­freu­en sich an ihrem Leid und füh­len sich stark. Soll ich Mira hel­fen oder nicht?“

2. Die Si­tua­ti­on (Per­so­nen, Ort, Zeit, Um­stän­de) ana­ly­sie­ren kön­nen:
Ich ana­ly­sie­re die Si­tua­ti­on: Wer, wo, wann, wie und wel­che Fol­gen?

„Mira lei­det und ist in Not, das sehen alle in der Klas­se. Sie ist nicht ge­ra­de meine Freun­din, son­dern nur eine Mit­schü­le­rin. Wenn ich ver­su­che, ihr zu hel­fen, sind Susi und Ella sauer auf mich und fan­gen ver­mut­lich an, mich auch zu mob­ben.

3. Mög­li­che Hand­lungs­op­tio­nen und deren Fol­gen ge­dank­lich ent­wi­ckeln und ar­gu­men­ta­tiv ge­gen­ein­an­der ab­wä­gen kön­nen:
Ich über­le­ge mir Hand­lungs­mög­lich­kei­ten und deren Fol­gen. Ich finde Ar­gu­men­te für und gegen die je­wei­li­gen Hand­lungs­mög­lich­kei­ten.

Mög­li­che Hand­lungs­op­tio­nen und deren Fol­gen ge­dank­lich ent­wi­ckeln:
„Ich helfe nicht, Mira wird wei­ter ge­mobbt und lei­det. Susi und Ella haben ihren Spaß daran. Ich ris­kie­re nicht, dem­nächst auch ge­mobbt zu wer­den.“

„Ich helfe Mira, be­ge­be mich dabei aber in die Ge­fahr, auch Mob­bing­op­fer zu wer­den oder je­den­falls von Susi und Ella an­ge­fein­det zu wer­den.“

„Ich helfe Mira, indem ich mich an die Be­ra­tungs­leh­re­rin wende. So wird Mira ge­hol­fen und ich ris­kie­re nichts. Die Be­ra­tungs­leh­re­rin soll sich küm­mern.“

„Ich helfe Mira, da muss ich gar nicht lange drü­ber nach­den­ken!“

4. Die ent­wi­ckel­ten Hand­lungs­op­tio­nen und deren Fol­gen unter Be­rück­sich­ti­gung bi­blisch-ethi­scher Nor­men kri­tisch prü­fen könne:
Ich über­prü­fe, wie zen­tra­le mo­ra­li­sche Aus­sa­gen der Bibel die Hand­lungs­mög­lich­kei­ten ein­schät­zen.

„Ich würde wol­len, dass man mir hilft, also muss auch ich hel­fen. Ich weiß bloß noch nicht wie Mira hel­fen kann.“ [Gol­de­ne Regel]

„Ich soll auch meine Fein­de lie­ben, also auch Mira, die nicht meine Freun­din ist. Dann muss ich ihr hel­fen und viel­leicht ein Ri­si­ko ein­ge­hen.“ [Berg­pre­digt]

„In den Zehn Ge­bo­ten steht, dass man nicht töten darf, Mira wird rich­tig fer­tig ge­macht, das ist fast schon so etwas wie je­man­den töten. Das kann ich nicht zu­las­sen.“ [De­ka­log]

„Ich soll Gott lie­ben und den Nächs­ten lie­ben wie mich selbst, da muss ich mich auch Mira zu­wen­den.“ [Dop­pel­ge­bot]

Even­tu­ell zie­hen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler auch die phi­lo­so­phi­sche Ethik zur ethi­schen Ur­teils­bil­dung heran:
„Ich helfe Mira, weil sie dann we­ni­ger lei­den muss und weil auch die An­de­ren in der Klas­se dann we­ni­ger oder keine Angst mehr haben müs­sen, Mob­bing­op­fer zu wer­den.“ [Uti­li­ta­ris­mus/Bent­ham]

„Es ist ganz klar, dass ich Mira hel­fen muss, denn man muss grund­sätz­lich Men­schen in Not hel­fen. Das ist doch meine Pflicht!“ [De­on­to­lo­gi­sche Ethik/Kant]

5. Auf der Grund­la­ge der Ur­teils­bil­dung ent­schei­den und ent­spre­chend han­deln kön­nen:
Ich ent­schei­de mich für eine Hand­lungs­mög­lich­keit und setze sie in die Tat um.

„Ich küm­me­re mich um Mira und werde mich nicht daran be­tei­li­gen, sie zu mob­ben.“


6. Der auf­bau­en­de Lern­pro­zess in Klas­se 9/10
6.2 So­zi­al­prak­ti­kum als au­then­ti­sche Lern­si­tua­ti­on
6.3 Lern­stands­er­he­bung

Er­zähl­werk­statt


Auf­bau­en­des Ler­nen in der Se­kun­dar­stu­fe I: Ethi­sche Kom­pe­tenz
Mo­ra­li­sches und ethi­sches Re­flek­tie­ren: Her­un­ter­la­den [pdf] [441 KB]