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Text­blatt Rol­len­spiel Teil 1

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Im Ba­by­lo­ni­schen Exil: Ben­ja­min und Amel-Mar­duk 1

Zwölf Jahre der Ver­ban­nung sind vor­bei. Das täg­li­che Leben der Is­rae­li­ten in Ba­by­lon hat sich ein­ge­spielt und nimmt sei­nen Lauf. Ben­ja­min, ein zwölf­jäh­ri­ger Jude, be­sucht eine baby­lonische Schu­le. Er hat sich dort mit dem gleich­alt­ri­gen Amêl-Mar­duk an­gefreundet. Heute ist das Wet­ter be­son­ders schön und der Un­ter­richt lang­wei­lig – also schwän­zen die bei­den die letz­te Stun­de und lau­fen hin­un­ter zum Fluss, um Stei­ne hin­ein zu wer­fen, ein be­lieb­tes Spiel ...

B Mein Vater hat mich ges­tern wie­der vor dir ge­warnt! Weil du doch „unser Feind“ bist, sagt er. Aber ich habe ge­sagt, dass ich dich nett finde. Ich wünsch­te, ich hätte einen Bru­der wie dich!
A (lacht) Ich und dein Feind! Das soll­ten meine El­tern mal hören! Die ma­chen üb­ri­gens auch schon Witze dar­über, dass ich mit einem jü­di­schen Jun­gen be­freun­det bin. – Aber sag mal: warum hast du ei­gent­lich keine Ge­schwis­ter?
B Meine Mut­ter ist tot. Ich bin ihr ein­zi­ges Kind. Da­mals, nach dem lan­gen Marsch von Je­ru­sa­lem hier­her ist sie krank ge­wor­den und hat sich nie mehr er­holt.
A Ach, das wuss­te ich nicht. Das tut mir leid! Kannst du dich denn an da­mals, an den – äh, Krieg noch er­in­nern?
B Ei­gent­lich nicht. Ich war ja erst zwei Jahre alt. Aber in mei­ner Fa­mi­lie reden sie oft davon, wie sie da­mals fast ver­hun­gert wären ... Und dass ihr Haus ver­brannt ist. Und wie sie bei mör­de­ri­scher Hitze zu Fuß nach Ba­by­lon ge­trie­ben wur­den.
A Schlimm. (nach einer Pause) Aber du musst zu­ge­ben, dass ihr es jetzt gut habt bei uns! Wir las­sen euch nicht mer­ken, dass ihr Kriegs­ge­fan­ge­ne seid. Euch geht es bes­ser als vie­len armen Ba­by­lo­ni­ern, die viel schlech­te­re Woh­nungen haben ...
B Ja, schon. Aber wenn du wüss­test, wie trau­rig mein Vater noch immer ist! Er lacht fast nie! Er hat sol­ches Heim­weh! Dann spricht er von Je­ru­sa­lem und vom Tem­pel Got­tes und denkt an meine Mut­ter ... Nie­mals wird er wie­der hei­ra­ten, sagt er. Wenn mein Onkel und meine Tante kom­men, sin­gen sie zu­sammen alte Lie­der aus der Hei­mat, und dabei müs­sen sie oft wei­nen ... (hef­tig) Es ist doch auch un­ge­recht! Warum dür­fen wir nicht woh­nen, wo wir wol­len? Warum haben wir den Krieg ver­lo­ren? Mein Vater sagt, es sei nicht in Ord­nung, dass wir euren König und eure Göt­ter ver­eh­ren müs­sen!
A (be­ru­hi­gend) Ach, Ben­ja­min, ihr macht euch das Leben schwer mit eurem stän­di­gen Grü­beln und Fra­gen! Krie­ge hat es doch schon immer ge­ge­ben, und es wird sie immer wie­der geben. Und im Leben ge­winnt nun mal der Stär­ke­re, damit müsst ihr euch ab­finden. Und wir sind eben die Stär­ke­ren! Schau mal, ich könn­te mich auch dar­über auf­re­gen, dass mein Vater bloß Kauf­mann ist und kein hoher Be­am­ter oder sogar Kö­nig! Aber was würde das nüt­zen? Das ist eben Schick­sal, ob man als Skla­ve oder als Herr­scher ge­bo­ren wird.
B Was du wie­der re­dest – Klug­schei­ßer! Tu doch nicht immer so, so su­per­schlau! Du bist doch auch nicht älter als ich!
A Ich weiß das alles von un­se­ren Pries­tern. Die er­zäh­len das jedes Jahr beim Neujahrs­fest.
B Ist das im Früh­ling, wenn wir immer zwei Wo­chen Fe­ri­en haben? Ich habe noch nie ver­stan­den, was ihr da ei­gent­lich fei­ert.
A Das ist das schöns­te Fest, das ich kenne! Wir fei­ern den Früh­lings­an­fang und bit­ten die Göt­ter, dass die Ernte gut wird. Am bes­ten finde ich das Thea­ter am Schluss: Da spie­len sie ein Stück vom An­fang der Welt und sin­gen ein lan­ges Lied dazu. Warte mal – ich glau­be, ich kann den An­fang aus­wen­dig: „Enuma Elisch: Als dro­ben der Him­mel nicht ge­nannt war, dro­ben die Feste kei­nen Namen trug, als die Göt­ter nicht existier­ten, Ge­schi­cke ihnen nicht be­stimmt waren, da wur­den die Göt­ter in ihrer Mitte ge­schaffen.“
B Klingt ziem­lich al­ter­tüm­lich.
A Ja, das ist ein ur­al­ter Text. Aber jetzt geht’s ja erst rich­tig los: Zu­erst gab es nur zwei Ur­göt­ter – Apsu, den Him­mels­gott, und Ti­amat, das Ur­meer. Aber dann wer­den neue Göt­ter ge­bo­ren, und die stö­ren die alten. Dann fan­gen sie Krieg an. Der Him­mels­gott Apsu stirbt zu­erst. Und dann er­scheint Mar­duk, der star­ke Früh­lings­gott! Ich bin nach ihm be­nannt! Mar­duk be­waff­net sich mit Blit­zen und kämpft gegen Ti­amat. Und die holt sich Mee­run­ge­heu­er und Gift­schlangen und Skor­pio­ne und Dra­chen, die ihr hel­fen müs­sen! Und dann kämp­fen sie – ha! Da ap­plau­diert immer der ganze Saal! Na­türlich ge­winnt Mar­duk. Der nimmt die Lei­che von Ti­amat, zer­stü­ckelt sie und macht dar­aus den Him­mel und die Erde ...
B Ganz schön bru­tal ...
A Und dann setzt Mar­duk Sonne, Mond und Ster­ne als Schick­sals­göt­ter ein. Spä­ter ver­sucht noch ein böser Geist den Auf­stand gegen Mar­duk, aber der wird – zack! – ver­nich­tet! Und jetzt er­schaf­fen die Göt­ter noch die Men­schen, weil sie näm­lich Skla­ven brau­chen. Zu­letzt grün­det Mar­duk Ba­by­lon, un­se­re Stadt – sie ist die mäch­tigs­te der Welt! Und unser König ist Mar­duks Eben­bild. Na ja – ir­gendwie kann man das gar nicht so gut er­zäh­len, wie es in Wirk­lich­keit ist ... Weißt du was, Ben­ja­min? Komm doch ein­fach das nächs­te Mal mit zu un­se­rem Fest! Du wirst be­stimmt be­geis­tert sein!
B Ach, ich weiß nicht. Was soll ich mit der alten Ge­schich­te?
A Das ist nicht bloß eine alte Ge­schich­te! Den Früh­lings­an­fang gibt’s jedes Jahr wie­der, und des­halb fei­ern wir jedes Jahr wie­der Mar­duks Sieg! Was am An­fang pas­siert ist, gilt für alle Zeit, sagen un­se­re Pries­ter. Die Welt än­dert sich ja nicht, alles kommt im­mer wie­der – und des­halb muss man es neh­men und ge­nie­ßen, wie es ist. Ihr Juden müss­tet das auch end­lich mal be­grei­fen.

 

Rol­len­spiel Teil 2

Bin­nen­dif­fe­ren­zie­rung II (Ka­pi­tel 10)

Über­tra­gung in die ei­ge­ne Le­bens­welt (Ka­pi­tel 11)


Um­set­zungs­bei­spiel Kom­pRU mit einem Ju­gend­buch:
Her­un­ter­la­den [pdf] [80 KB]



1   AR­BEITS­HIL­FE für den evan­ge­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt an Gym­na­si­en, The­men­fol­ge 84: Nicht ei­ner­lei Zunge noch Spra­che. Alt­tes­ta­ment­li­che Gat­tun­gen im Un­ter­richt der 5. Jahr­gangs­stu­fe. Ein di­dak­ti­sches Mo­dell von In­grid Grill-Ahol­lin­ger, Gym­na­si­al­päd­ago­gi­sche Ma­te­ri­al­stel­le der Evang.-Luth. Kir­che in Bay­ern, Er­lan­gen 1988, Leh­rer­band S. 212 ff., S.219; Ar­beits­heft für Schü­ler (An Frei­heit er­in­nern, in Ge­rech­tig­keit leben, vom Frie­den träu­men. Is­ra­els Er­fah­run­gen mit Gott), S. 59 ff.. Für Un­ter­richts- und Fort­bil­dungs­zwe­cke be­ar­bei­tet von Wal­ter Stäb­ler .