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Ein­füh­rung und Über­blick

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


  1. Das Rät­sel der Sphinx – Das Rät­sel „Spra­che“
  2. Sprach­re­fle­xi­on als Ziel des Grie­chisch-Un­ter­richts
  3. Prin­zi­pi­en der vor­ge­stell­ten Übun­gen
  4. Hin­wei­se für die Be­nut­zung
  5. Li­te­ra­tur

1. Das Rät­sel der Sphinx – Das Rät­sel „Spra­che“

„Was be­sitzt eine ein­zi­ge Stim­me und be­wegt sich auf vier, auf zwei und auf drei Bei­nen?“ 1 So lau­tet das be­kann­te Rät­sel der Sphinx, wel­che das Fa­bel­we­sen dem Ödi­pus stellt. Mög­lich wird die­ses αἴνιγμα da­durch, dass der Be­griff „Bein“ in einem drei­fa­chen Sinne ver­wen­det wird: im ei­gent­li­chen Wort­sinn und in zwei me­ta­pho­ri­schen Ver­wen­dun­gen, näm­lich ein­mal als Er­satz für „Arm“ und ein­mal für den „Stock“ als stüt­zen­des Hilfs­mit­tel zur Fort­be­we­gung.

Wenn man ein­mal dar­auf ach­tet, fin­det sich die me­ta­pho­ri­sche (und auch me­t­ony­mi­sche) Ver­wen­dung eines Wor­tes, die von der Sphinx so kunst­voll ein­ge­setzt ist, ubi­qui­tär in un­se­rer All­tags­spra­che und wird von jedem na­ti­ve spea­ker meist auch pro­blem­los ver­stan­den: 2 Jeder weiß, was ge­meint ist, wenn man sagt: „Ich stel­le einen Plan auf“, auch wenn damit etwas ganz An­de­res als das „Auf­stel­len“ eines Re­gals ge­meint ist.

Folgt man der Sprach­wis­sen­schaft, 3 so ist die Ver­wen­dung von Me­ta­phern nicht nur ein selbst­ver­ständ­li­cher Vor­gang in der All­tags­spra­che, sie ist zu­gleich ein zen­tra­ler Motor – schon wie­der eine Me­ta­pher! – für die Ent­wick­lung von Spra­che, wel­cher es er­mög­licht, aus­ge­hend von be­kann­ten (am Be­ginn der Aus­bil­dung von Spra­che kon­kret-an­schau­li­chen) Be­grif­fen neue immer abs­trak­te­re Be­deu­tun­gen zu er­schaf­fen. 4

Be­son­ders ein­drucks­voll ver­deut­li­chen lässt sich dies am Bei­spiel der Prä­po­si­tio­nen, da sich bei die­ser Wort­art auch für Schü­le­rin­nen und Schü­ler (fort­an: SuS) die Ab­fol­ge von kon­kret-an­schau­li­cher räum­li­cher Be­deu­tung über die zeit­li­che bis hin zu einer über­tra­gen-abs­trak­ten Be­deu­tung nach­voll­zie­hen lässt. (vgl. die Übung unter H)

Wenn SuS eine frem­de und his­to­risch ferne Spra­che wie das Grie­chi­sche ler­nen, sind sie al­ler­dings mit den vie­len ver­schie­de­nen (häu­fig ver­steckt me­ta­pho­ri­schen) Be­deu­tun­gen eines Wor­tes oft über­for­dert. Denn meist ist die Schwie­rig­keit, die rich­ti­ge Be­deu­tung zu fin­den, min­des­tens eben­so groß wie das Ler­nen einer ‚Grund­be­deu­tung‘. Daher ist es sinn­voll, Sprach­re­fle­xi­on mit dem Wort­schatz­er­werb zu ver­bin­den. So wird das Nach­den­ken dar­über, nach wel­chen Prin­zi­pi­en sich sprach­li­che Be­deu­tung ent­wi­ckelt, nicht zum Selbst­zweck, son­dern zu einem not­wen­di­gen In­stru­ment, um Vo­ka­beln nach­hal­tig und mit dem Ver­ständ­nis zu ler­nen, das es in der Lek­tü­re er­mög­licht, auch eine nicht so ge­lern­te Be­deu­tung aus dem Kon­text zu er­schlie­ßen. Denn nur so kann man der Schwie­rig­keit be­geg­nen, die STEIN­THAL für das La­tei­ni­sche so tref­fend pro­vo­ka­tiv for­mu­liert hat: „Ein la­tei­ni­sches [re­spek­ti­ve grie­chi­sches] Wort hat keine deut­sche Be­deu­tung!“ 5


1 So die Kurz­va­ri­an­te in Apol­lo­dors Bi­blio­thek 3 [53] 5, 8; aus­führ­li­cher in der an­ti­ken In­halts­an­ga­be
zu Soph. Oid. Tyr. (Hy­poth. III); dazu LLOYD -JONES , HUGH 1990: Greek Epic, Lyric and Tra­ge­dy, 332-334.

2 Dar­auf ver­weist schon Aris­to­te­les: πἁντες [...] μεταφοραῑς διαλέγονται (Rhet. 1404b 34).
3 DEUT­SCHER 2011; JA­CKEN­DORFF 1983; LACK­OFF /JOHN­SON 2003.
4 Dazu aus­führ­lich und zu­gleich an­schau­lich-un­ter­halt­sam DEUT­SCHER 2011; ver­ein­fa­chend wird hier der Be­griff „me­ta­pho­risch“ ver­wen­det, ob­wohl man streng ge­nom­men ei­gent­lich zwi­schen dem„me­ta­pho­ri­schen“ und „me­t­ony­mi­schen“ Ge­brauch un­ter­schei­den müss­te: Zum Bei­spiel liegt in ἀργύριον für Geld ein me­t­ony­mi­scher Ge­brauch (Ma­te­ri­al „Sil­ber“ für spe­zi­fi­sche Aus­prä­gung) vor. Zur ge­naue­ren Un­ter­schei­dung WIRTH /SEIDL /UTZ­IN­GER , 2006, 75-93.
5 STEIN­THAL 1971, 29.

 

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wei­ter mit Sprach­re­fle­xi­on als Ziel des Grie­chisch-Un­ter­richts