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Sach­text

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Ein ar­gu­men­tum ad ver­e­cun­diam (lat. für ,Be­weis durch Ehr­furcht‘) oder Au­to­ri­täts­ar­gu­ment ist ein Ar­gu­ment, das eine These durch die Be­ru­fung auf eine Au­to­ri­tät be­wei­sen will. Da Au­to­ri­tät als sol­che keine Ga­ran­tie für Wahr­heit ist, han­delt es sich nicht um eine lo­gi­sche Schluss­fol­ge­rung. [...] Eine Be­ru­fung auf Au­to­ri­tä­ten kann in einem Dis­put eine auf­wän­di­ge sach­li­che Be­grün­dung von Be­haup­tun­gen er­set­zen. Als all­ge­mei­ne rhe­to­ri­sche Tech­nik ist die Be­ru­fung auf frem­de Ex­per­ti­se vor allem dann er­folg­reich, wenn diese Ex­per­ti­se von allen Be­tei­lig­ten an­er­kannt wird. Diese An­er­ken­nung ist in der Mo­der­ne je­doch üb­li­cher­wei­se auf wis­sen­schaft­li­che Ex­per­ti­se und prak­ti­sche Er­fah­rung be­schränkt. Als al­ter­na­ti­ve Au­to­ri­tät kann aber auch eine be­währ­te Tra­di­ti­on, die öf­fent­li­che Mei­nung oder die ge­teil­ten Über­zeu­gun­gen einer be­stimm­ten Grup­pe (je nach Sach­la­ge) ver­wen­det wer­den. [...]

Ein Ar­gu­ment durch Au­to­ri­tät ist für sich al­lein ein Schein­ar­gu­ment, das zu einem Fehl­schluss füh­ren kann, wenn die Au­to­ri­tät sich irrt. Ein Au­to­ri­täts­ar­gu­ment muss, um zu­läs­sig zu sein, fol­gen­de Ei­gen­schaf­ten auf­wei­sen:

  • Die Au­to­ri­tät ist ver­trau­ens­wür­dig, weil sie sich be­währt hat.
  • Die Au­to­ri­tät wird kor­rekt zi­tiert.
  • Die Au­to­ri­tät hat Sach­kom­pe­tenz im re­le­van­ten Sach­ge­biet.
  • Die all­ge­mei­nen Re­geln der Ar­gu­men­ta­ti­on wur­den ein­ge­hal­ten.
  • Au­to­ri­tä­ten, die die Ge­gen­an­sicht ver­tre­ten, wer­den, statt sie ein­fach zu igno­rie­ren, eben­falls zi­tiert und wi­der­legt.

Wo diese Punk­te nicht er­füllt sind, wird die Au­to­ri­tät un­be­rech­tigt an­ge­führt und der Ver­dacht, dass es sich um einen be­ab­sich­tig­ten Trug­schluss oder So­phis­mus han­delt, liegt nahe.

(Quel­le: wi­ki­pe­dia, http://​de.​wi­ki­pe­dia.​org/​wiki/​Ar­gu­men­tum_​ad_​ver­e­cun­diam , Abruf am 27.02.2014)

 

5. Ci­ce­ro hat sich von der Kri­ton-Stel­le an­re­gen las­sen und hat in sei­ner erste Rede gegen Ca­ti­li­na den­sel­ben rhe­to­ri­schen Trick an­ge­wandt: er lässt die pa­tria, das per­so­ni­fi­zier­te Va­ter­land, spre­chen. (Ci­ce­ro, in Ca­ti­li­nam 1,27ff.).

„Denn wenn das Va­ter­land, das mir viel teu­rer als das Leben ist, wenn ganz Ita­li­en, wenn die ganze Re­pu­blik so zu mir re­de­te: „Was machst du, Mar­cus Tul­li­us? Willst du einen Men­schen, von des­sen feind­li­cher Ge­sin­nung du Be­wei­se hast, in dem du einen künf­ti­gen Kriegs­füh­rer er­blickst, von dem du weißt, dass er als Be­fehls­ha­ber im Lager der Fein­de er­war­tet wird, - willst du den An­stif­ter der Fre­vel, das Haupt der Ver­schwö­rung, den Auf­wieg­ler der Skla­ven und schlech­ter Bür­ger zie­hen las­sen, so dass man glau­ben kann, er sei von dir nicht aus der Stadt ge­wie­sen, son­dern gegen die Stadt los­ge­las­sen? Wirst du nicht be­feh­len, ihn ins Ge­fäng­nis zu füh­ren, ihn zum Tode zu schlep­pen und durch die här­tes­ten To­des­mar­tern hin­zu­schlach­ten? Was ist es doch wohl, das dich zu­rück­hält? Ist es die Sitte der Vor­fah­ren? Aber gar oft haben sogar Pri­vat­män­ner in die­sem Staat ver­derb­li­che Bür­ger mit dem Tod be­straft. Oder sind es die Ge­set­ze, die über die To­des­stra­fe rö­mi­scher Bür­ger ge­ge­ben sind? Aber nie­mals haben in die­ser Stadt sol­che, die der Re­pu­blik un­treu wur­den, die Rech­te der Bür­ger be­hal­ten dür­fen. Oder fürch­test du das ta­deln­de Ur­teil der Nach­welt? Wahr­lich, einen herr­li­chen Dank er­weist du dem rö­mi­schen Volk, das dich, einen Mann, der nur durch sich selbst und nicht nur durch die Emp­feh­lung sei­ner Ahnen sich Ruf er­wor­ben, so bald durch alle Eh­ren­stu­fen zur höchs­ten Be­fehls­ge­walt er­ho­ben hat, wenn du jenes Ta­dels wegen oder aus Furcht vor ir­gend­ei­ner Ge­fahr das Wohl dei­ner Mit­bür­ger ver­nach­läs­sigst.“ (Über­set­zung nach C.N. Osi­an­der)

  1. Was soll nach der Mei­nung der „pa­tria“ Ci­ce­ro tun?
  2. Nun hatte Ci­ce­ro als Kon­sul keine ju­ris­tisch le­gi­ti­mier­te Hand­ha­be, etwas gegen Ca­ti­li­na zu un­ter­neh­men. Wie be­wer­ten Sie vor die­sem Hin­ter­grund sei­nen rhe­to­ri­schen Trick?
  3. Neh­men Sie an, die „pa­tria“ spricht mit dem Fi­nanz­mi­nis­ter des fik­ti­ven Staa­tes Ta­xa­ria und er­mun­tert ihn, die Steu­ern für alle auf 80 Pro­zent zu er­hö­hen. Wie könn­te diese Rede for­mu­liert sein?
  4. Wie be­wer­ten Sie ab­schlie­ßend das rhe­to­ri­sche Ver­fah­ren im „Kri­ton“ und bei Ci­ce­ro, hohe Au­to­ri­tä­ten zu per­so­ni­fi­zie­ren und Sie spre­chen zu las­sen?

 

6. In­for­mie­ren Sie sich mit dem In­for­ma­ti­ons­text „Dia­log“ über Merk­ma­le die­ser Kom­mu­ni­ka­ti­ons­form! Wel­che Merk­ma­le sind in der Un­ter­hal­tung zwi­schen Kri­ton und So­kra­tes er­füllt, und gegen wel­che wird ver­sto­ßen?

 


Un­ter­richts­mo­del­le zur För­de­run­gen der per­so­na­len Kom­pe­ten­zen bei der In­ter­pre­ta­ti­ons­ar­beit: Her­un­ter­la­den [doc][623 KB]

 

wei­ter mit In­for­ma­ti­ons­text