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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Ar­thur Scho­pen­hau­er, Über Lesen und Bü­cher, Kap. 24 Parer­ga und Pa­ra­li­po­me­na, § 291

"Wann wir lesen, denkt ein An­de­rer für uns: wir wie­der­ho­len bloß sei­nen men­ta­len Pro­ceß. Es ist damit, wie wenn beim Schrei­ben­ler­nen der Schü­ler die vom Leh­rer mit Blei­stift ge­schrie­be­nen Züge mit der Feder nach­zieht. Dem­nach ist beim Lesen die Ar­beit des Den­kens uns zum größ­ten Thei­le ab­ge­nom­men. Daher die fühl­ba­re Er­leich­te­rung, wenn wir von der Be­schäf­ti­gung mit uns­ren ei­ge­nen Ge­dan­ken zum Lesen über­gehn. Eben daher kommt es auch, daß wer sehr viel und fast den gan­zen Tag liest, da­zwi­schen aber sich in ge­dan­ken­lo­sem Zeit­ver­trei­be er­holt, die Fä­hig­keit, selbst zu den­ken, all­mä­lig ver­liert, – wie Einer, der immer rei­tet, zu­letzt das Gehn ver­lernt. Sol­ches aber ist der Fall sehr vie­ler Ge­lehr­ten: sie haben sich dumm ge­le­sen. Denn be­stän­di­ges, in jedem frei­en Au­gen­bli­cke so­gleich wie­der auf­ge­nom­me­nes Lesen ist noch geis­tes­läh­men­der, als be­stän­di­ge Hand­ar­beit; da man bei die­ser doch den ei­ge­nen Ge­dan­ken nach­hän­gen kann. Aber wie eine Spring­fe­der durch den an­hal­ten­den Druck eines frem­den Kör­pers ihre Elas­ti­ci­tät end­lich ein­büßt; so der Geist die seine, durch fort­wäh­ren­des Auf­drin­gen frem­der Ge­dan­ken. Und wie man durch zu viele Nah­rung den Magen ver­dirbt und da­durch dem gan­zen Leibe scha­det; so kann man auch durch zu viele Geis­tes­nah­rung den Geist über­fül­len und er­sti­cken. Denn selbst das Ge­le­se­ne eig­net man sich erst durch spä­te­res Nach­den­ken dar­über an, durch Rumi­na­ti­on (1). Liest man hin­ge­gen im­mer­fort, ohne spä­ter­hin wei­ter daran zu den­ken; so faßt es nicht Wur­zel und geht meis­tens ver­lo­ren. Ue­ber­haupt aber geht es mit der geis­ti­gen Nah­rung nicht an­ders, als mit der leib­li­chen: kaum der funf­zigs­te Theil von dem, was man zu sich nimmt, wird as­si­mi­lirt: das Ueb­ri­ge geht durch Eva­po­ra­ti­on (2), Re­spi­ra­ti­on (3) oder sonst ab."

Er­läu­te­run­gen:
1. Rumi­na­ti­on: Wie­der­käu­en.- 2. Eva­po­ra­ti­on: Ver­duns­tung. - 3. Re­spi­ra­ti­on: At­mung.

 


Ak­tua­li­sie­run­gen im Grie­chisch-Un­ter­richt: Her­un­ter­la­den [doc][403 KB]

 

wei­ter mit Pla­tons Kri­tik an der Dich­tung