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Die Trug­re­de des Aga­mem­non - ein rhe­to­ri­sches Ver­sa­gen

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Die Trug­re­de des Aga­mem­non im zwei­ten Ge­sang der „Ilias“ of­fen­bart eine ka­ta­stro­pha­le Fehl­ein­schät­zung der ei­ge­nen Worte, ihrer Wir­kung und der emo­tio­na­len und men­ta­len Si­tua­ti­on sei­ner Un­ter­ge­be­nen, an die er die Rede rich­tet. Aga­mem­non will sich des Kamp­fes­wil­len der Grie­chen ver­si­chern und wählt dafür eine pa­ra­do­xe Stra­te­gie. Indem er die Ach­ai­er dazu auf­for­dert, den Krieg gegen die Troer als ver­lo­ren an­zu­se­hen und die Heim­rei­se an­zu­tre­ten, möch­te er die ent­ge­gen­ge­setz­te Re­ak­ti­on pro­vo­zie­ren, dass sie umso en­ga­gier­ter den Kampf wie­der auf­neh­men.

Die Rede hat also zwei Ebe­nen. Für die Adres­sa­ten auf der ers­ten Ebene, die an­ge­spro­che­nen achai­schen Kämp­fer, schei­tert das rhe­to­ri­sche Ziel Aga­mem­nons. Es do­mi­niert die di­rek­te Auf­for­de­rung heim­zu­rei­sen. Das Gleich­nis, das die Re­ak­tio­nen der Ach­ai­er auf die Rede des Aga­mem­non il­lus­triert, zeigt jenes En­ga­ge­ment, das sich Aga­mem­non für den wei­te­ren Kampf er­hofft hatte, das aber den Vor­be­rei­tun­gen für die Heim­rei­se gilt. Für die Zu­hö­rer und Leser ist je­doch klar, dass Aga­mem­non etwas an­de­res woll­te, als er ge­sagt hat. Und er spricht tat­säch­lich ei­ni­ge As­pek­te an, die zu sei­ner Auf­for­de­rung heim­zu­rei­sen, nicht bruch­los pas­sen. Es sei eine Schan­de, dass man so lange um­sonst ge­kämpft hat. Fer­ner seien die Grie­chen den Tro­ern zah­len­mä­ßig weit über­le­gen. Aus allen die­sen Fak­ten ließe sich eben­so gut (oder sogar mit mehr Recht) schlie­ßen, die Ent­schei­dung im Kampf zu su­chen.

Aga­mem­nons Feh­ler liegt darin, dass er die er­wart­ba­re Re­ak­ti­on eines of­fen­bar kampf­mü­den Vol­kes nicht vor­her­ge­se­hen hat. Hätte er dies getan, hätte er un­mög­lich auf die heik­le pa­ra­do­xe Stra­te­gie set­zen kön­nen, die ihn rhe­to­risch schei­tern lässt und seine Au­to­ri­tät als An­füh­rer der Un­ter­neh­mung be­schä­digt. Das Gleich­nis zeigt eine Volks­men­ge, die sich von ihren Ge­füh­len lei­ten lässt, in der keine ra­tio­na­le Kon­trol­le mehr statt­fin­det und die sich als ent­fes­sel­te Masse ver­hält. Eine sol­che Masse ist nicht dazu in der Lage, eine un­ei­gent­li­che und pa­ra­do­xe Ver­hal­tens­auf­for­de­rung („Tue das Ge­gen­teil von dem, was ge­sagt wird!“) zu durch­schau­en.

Die Auf­ga­ben neh­men zu­nächst nur die erste Ebene in den Blick und the­ma­ti­sie­ren, wie die Rede auf die un­mit­tel­ba­ren Adres­sa­ten ge­wirkt hat. In wei­te­ren Schrit­ten wird die Rede aus dem wei­ter ge­fass­ten Ho­ri­zont Aga­mem­nons sowie des Zu­hö­rers / Le­sers be­trach­tet, so dass die pa­ra­do­xe An­la­ge er­fasst und be­wer­tet wer­den kann.

 


Un­ter­richts­mo­del­le zur För­de­run­gen der per­so­na­len Kom­pe­ten­zen bei der In­ter­pre­ta­ti­ons­ar­beit: Her­un­ter­la­den [doc][623 KB]

 

wei­ter mit Si­tua­ti­on