„Das Wort und nicht die Tat regiert die Welt“ - Die Gestalt des Odysseus im „Philoktet“ des Sophokles
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
Der „Philoktet“ beleuchtet das Spannungsverhältnis zwischen Einzelnem und Gemeinschaft in
besonderer Weise. Die Griechen haben Philoktet auf einer menschenleeren Insel zurückgelassen,
nachdem er für die anderen wegen einer unheilbaren Wunde und wegen seines daraus resultierenden
Leides untragbar geworden war. Doch um Troja erobern zu können, sind sie auf sein Mitwirken
angewiesen. Da Philoktet freiwillig nicht mehr dazu bereit ist, versucht Odysseus mit Neoptolemos,
ihn durch eine List zu gewinnen. Mittel der List ist hierbei vor allem die Sprache, die Odysseus so
einsetzt, dass sie seinen Interessen dient. Wie die Sprache in dieser List nicht an eine Wahrheit
gebunden ist, sondern frei und flexibel gestaltbar wird, so haben auch die Werte für Odysseus keinen
fest definierten Gehalt mehr, sondern werden von ihm ebenfalls nach seinen Zwecken
instrumentalisiert. Sind diese Züge per se problematisch, muss man andererseits feststellen, dass
Odysseus nicht im Eigeninteresse handelt, sondern dasjenige umsetzt, was im Interesse der Griechen
insgesamt liegt. Das Vorgehen des Odysseus ist also erfolgreich, jedoch um den Preis, dass Werte
fragil werden. Odysseus gestaltet die Welt, indem er die Mittel den Zwecken unterordnet. Für ihn hat
dabei nichts mehr einen unumstößlichen und absoluten Wert, sondern alles ist nach den
Erfordernissen des Augenblicks gestaltbar. Er schlägt deshalb Neoptolemos vor, heute mit List und
Lüge den Erfolg zu sichern, um in Zukunft wieder gerecht (82) und der Frömmste (85) zu sein.
Neoptolemos dagegen lässt starke Vorbehalte gegen eine Aushöhlung traditioneller Werte erkennen,
ist aber andererseits durch die Aussicht auf persönlichen Ruhm korrumpierbar.
Unterrichtsmodelle zur Förderungen der personalen Kompetenzen bei der Interpretationsarbeit: Herunterladen [doc][623 KB]
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