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Die schwie­ri­ge An­nä­he­rung zwi­schen Pe­ne­lo­pe und Odys­seus - ein Bei­spiel für ge­lin­gen­de Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Ehe­part­nern

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Sach­ana­ly­se

Die Spra­che hat in der „Odys­see“ noch eine wei­te­re Funk­ti­on, die zum ers­ten Mal am Phäa­ken­hof und dann vor allem bei der Heim­kehr und der Wie­der­ver­ei­ni­gung mit Pe­ne­lo­pe un­ver­zicht­bar ist. Odys­seus er­zählt von sei­nen Aben­teu­ern, und diese Er­zäh­lun­gen haben nicht nur eine in­halt­li­che Be­deu­tung, son­dern auch eine psy­cho­lo­gi­sche. Bei den Phäa­ken er­zählt Odys­seus seine Irr­fahr­ten­aben­teu­er und ge­winnt da­durch wie­der sein ur­sprüng­li­ches Selbst­ver­trau­en zu­rück, indem er in der Er­zäh­lung sich seine frü­he­re Er­schei­nung ins Be­wusst­sein ruft. Er über­win­det dabei den Ver­lust an na­he­zu allem, den er bei der An­kunft in Sche­ria er­lit­ten hatte. Die Er­zäh­lung hat je­doch nicht nur eine Be­deu­tung für den er­zäh­len­den Odys­seus, son­dern auch für den Adres­sa­ten; sie kann die Lücke zwi­schen der frü­he­ren Er­fah­rung und der ge­gen­wär­ti­gen Fremd­heit aus­glei­chen, um das Er­leb­te zu ver­ar­bei­ten und die an­de­ren daran teil­ha­ben zu las­sen. Diese Funk­ti­on ist nach der Wie­der­er­ken­nung von Pe­ne­lo­pe und Odys­seus wich­tig. Odys­seus er­zählt hier zum zwei­ten Mal seine Er­leb­nis­se, und durch die Er­zäh­lun­gen macht er seine Er­in­ne­rung zu einer mit sei­ner Frau ge­mein­sa­men. Um­ge­kehrt er­zählt auch Pe­ne­lo­pe, was ihr Leben aus­ge­macht hat (XXIII 300ff.). Es heißt, dass Odys­seus am Ende sei­ner Er­zäh­lung müde wird und der Schlum­mer ihm die Glie­der und den Gram ge­löst habe (XXIII 342f.). Er­zäh­lun­gen sind also ein Mit­tel der Ver­ar­bei­tung und der An­nä­he­rung. Sie lösen das Er­lit­te­ne auf und schaf­fen wie­der eine Ver­bin­dung zum frü­he­ren Leben. Mög­li­cher­wei­se er­klärt sich hier­mit auch die große Rolle, die die Sän­ger in der „Odys­see“ haben. Sie ver­ge­gen­wär­ti­gen ver­gan­ge­ne Er­eig­nis­se, be­frie­di­gen damit na­tür­lich ein ge­wis­ses Un­ter­hal­tungs­be­dürf­nis. Aber es gibt keine Er­zäh­lung, die nicht auch eine ge­wis­se Hal­tung zur Welt, die nicht ge­wis­se Er­fah­run­gen wei­ter­gibt. In­so­fern re­flek­tiert die „Odys­see“ mit die­sen Fi­gu­ren auch die Auf­ga­be und die Wir­kun­gen von Li­te­ra­tur. Und wenn man sich ver­ge­gen­wär­tigt, wie Odys­seus seine Le­bens­ge­schich­te in sei­nen Er­zäh­lun­gen ge­stal­tet, wie er Dich­tung und Wahr­heit mischt, dann ist Odys­seus selbst na­he­zu ein Pro­du­zent von Li­te­ra­tur.

Pe­ne­lo­pe steht ihrem Mann im Grun­de kaum nach. Auch sie täuscht die Frei­er, auch sie hat sich mit der Grab­tuch­ge­schich­te eine Le­gen­de ge­schaf­fen, die ihre Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten er­wei­tert. Und auch sie prüft ihren Mann mit Wor­ten.

 


Un­ter­richts­mo­del­le zur För­de­run­gen der per­so­na­len Kom­pe­ten­zen bei der In­ter­pre­ta­ti­ons­ar­beit: Her­un­ter­la­den [doc][623 KB]

 

wei­ter mit Auf­ga­ben vor der Lek­tü­re