Kompetenzorientierung im „ganz normalen Unterricht“
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
Es wurde bereits dargelegt, dass Anforderungssituationen zwar ein idealtypischer Zugang zum kompetenzorientierten Religionsunterricht sein können, dass sie sich aber kaum als didaktisches Leitprinzip für den alltäglichen Unterricht eignen. So stellt sich die Frage, wie nun der Alltag in einem kompetenzorientierten Religionsunterricht aussehen kann, was ihn auszeichnet.
Ein wesentliches Merkmal ist - wie oben dargestellt - dass kompetenzorientierter Unterricht immer
von seinem langfristigen Ziel her konzipiert wird, also den Kompetenzen, über die die Schülerinnen
und Schüler am Ende ihrer Schullaufbahn verfügen sollen. Für die konkrete Gestaltung des Unterrichts
bedeutet dies, dass er sich primär am Schüler/ an der Schülerin, nicht – wie im Lehrplan
1994 beispielsweise noch selbstverständlich gefordert – am Stoff orientiert. Der Schüler/ die Schülerin
steht mit seinen/ ihren – möglicherweise individuellen Schwächen und Stärken – im Mittelpunkt
des Planungsprozesses. Bei seiner/ ihrer Lebenswelt sollte der Unterricht anknüpfen und
sie/ ihn zum Subjekt des Lernprozesses machen, d.h. er/ sie sollte lernen, eigenverantwortlich den
eigenen Lernprozess zu gestalten und zu steuern und den eigenen Zuwachs an Kompetenzen zu
erkennen. Durch eine Vernetzung zwischen unterschiedlichen Themenfeldern und einer Wiederho-lungskultur erfolgt ein nachhaltiger Kompetenzerwerb, der in Klassenarbeiten, Tests, in der Evaluation
und in anderen Diagnoseverfahren erkannt werden kann.
[149]
Wie sich diese Forderungen im alltäglichen Unterricht konkret umsetzen lassen, erläutert Gerhard
Ziener in seinem Buch „Bildungsstandards in der Praxis“. Er nennt vier Bereiche, in denen sich die
Kompetenzorientierung des Unterrichts vor allem zeigt: Die
Sprachebene
, die
Handlungsebene
,
die Ebene der
Medien
und der
Umgang mit Schülerleistungen
.
[150]
Auf der
Sprachebene
muss sich die Lehrkraft die Frage stellen, ob im Unterrichts jedes beliebigen
Fachs eine gezielte Förderung der Sprach- und Ausdrucksfähigkeit der Schülerinnen und Schüler
geschieht. Diese Förderung zeigt sich u.a. darin, dass die Schülerinnen und Schüler im Unterrichtsgeschehen
die Gelegenheit erhalten, z.B. in der Darstellung von Unterrichtsergebnissen ihre
Gedanken zusammenhängend auszudrücken und damit der Redeanteil der Lehrkraft möglichst
gering ist.
Auf der
Handlungsebene
sollte der Unterricht als ein gemeinsamer Prozess geplant werden, den
die Schülerinnen und Schüler aktiv mitbestimmen können. Anhand einer Erhebung der Lernausgangslage
[151]
wird eine zentrale Fragestellung festgelegt, die die Schülerinnen und Schüler nach
Möglichkeit in einer für sie z.B. durch einen Advance Organizer transparenten Unterrichtssequenz
[152]
selbständig anhand unterschiedlicher Lernangebote erarbeiten. Hierbei werden bereits
erworbene fachliche und methodische Kompetenzen weiterentwickelt und vertieft, soziales Lernen
geschieht in entsprechenden Lernformen wie z.B. im kooperativen Lernen.
[153]
Bei der Verwendung von
Medien
sollte sich die Lehrkraft die Frage stellen, ob Medien nur der Illustration
oder der Vermittlung von Sachwissen dienen oder die Schülerinnen und Schüler gleichzeitig
Kompetenzen im Umgang mit unterschiedlichen Medien erwerben, indem sie z.B. Medien
analysieren und kritisch hinterfragen.
Im
Umgang mit Schülerleistungen
sollten die Leistungen der Schülerinnen und Schüler nicht nur
durch die Lehrkraft bewertet werden, sondern die Schülerinnen und Schüler sollten dabei die
Kompetenz erwerben, ihre eigenen Arbeitsergebnisse einzuschätzen, zu bewerten und zu verbessern.
Hierbei ist nicht nur eine transparente Leistungsbewertung bei Klassenarbeiten, GFS etc. von
Bedeutung, sondern die Schülerinnen und Schüler sollen sich auch in der Diagnose des eigenen
Lernfortschritts anhand für sie nachvollziehbarer Kriterien üben. Dies kann z.B. durch eine systematische
Erhebung der Lernausgangslage
[154]
, die in einer Schlussevaluation noch einmal aufgegriffen
wird
[155]
, geschehen, aber auch durch Methoden, die die Schülerinnen und Schüler zu einem
selbständigen und reflektierten Arbeitsprozess anregen, wie z.B. Lerntagebücher und Portfolios.
Die Leistungsrückmeldung sollte – auch bei Klassenarbeiten und anderen traditionellen Formen
der Leistungsmessung - nicht nur rein produktorientiert sein, sondern auch den Fortschritt des
einzelnen Schülers/ der einzelnen Schülerin berücksichtigen und gezielte Hilfestellungen für den
weiteren Lernfortschritt geben.
Man erkennt, dass es hier nicht darum geht, Unterricht insgesamt „vollkommen anders“ zu gestalten,
sondern dass hier letztlich eine Akzentverschiebung gefordert wird: Auch im alltäglichen Unterricht sind die Schülerinnen und Schüler nicht mehr reine Adressaten eines von der Lehrkraft
nahezu perfekt geplanten Unterrichts sondern gestalten ihre Lernprozesse aktiv mit, sind Subjekte
der Lernprozesse und übernehmen hierfür die Verantwortung.
Wo die Lehrkraft früher ihren Unterricht minutiös vorbereitete, den Fokus auf die genaue Planung
der einzelnen Schritte des Lernwegs der Schülerinnen und Schüler legte, muss sie sich nun auch
noch stärker fragen, durch welche Methoden und Hilfestellungen sie die Schülerinnen und Schüler
dazu anregen kann, verantwortungsbewusst zu lernen, ihren Lernprozess selbst zu gestalten und
zu beurteilen.
[149]
Ergebnisse der Diskussion in der ZPG katholische Religion, 01.02.2011.
[150]
Gerhard Ziener: Bildungsstandards in der Praxis. Wenn nicht anders angemerkt, stammen die folgenden Impulse aus
diesem Werk!
[151]
Vgl. Fischer, M. , Die Lernausgangslage im kompetenzorientierten Religionsunterricht, S. 2.
[152]
Vgl. hierzu: Rupp, Vortrag vom 18.2.2011, S. 7.
[153]
Tschekan, Kompetenzorientiert unterrichten, S. 58.
[154]
Vgl. Fischer, M. , Die Lernausgangslage im kompetenzorientierten Religionsunterricht, S. 1-3..
[155]
Vgl. hierzu: Rupp, Vortrag vom 18.2.2011, S. 6.
Was ist kompetenzorientierter Religionsunterricht?: Herunterladen [pdf] [650 KB]