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Theoretische Überlegungen

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

1.1 Einführung: Dimension 4 „Die Frage nach Gott“

Die „Frage nach Gott“ kennzeichnet das Profil des Religionsunterrichts und ist Zentrum aller religionspädagogischen Didaktik. Im Bildungsplan 2004 ist die Gottesfrage – als Dimension 4 – in die Bildungsstandards aufgenommen, wird aber auch ausdrücklich in einigen verbindlichen Themenfeldern thematisiert. Es fehlt jedoch im Blick auf diese Dimension eine stringente „Aufbaulogik“, in der entwicklungspsychologische und theologische Fragestellungen miteinander verknüpft sind. Bei genauerer Betrachtung der Bildungsstandards lassen sich aber drei „Aufbaulinien“ entdecken (siehe Schema zur „Aufbaulogik“, Punkt 1.2):

  • Der linguistische bzw. sprachliche Aspekt: In welcher Sprache kann von Gottgesprochen werden? 
  • Der theologische Aspekt: Welche Gottesbilder sind – insbesondere von der Bibel her – angemessen und zu verantworten?
  • Der existenzielle Aspekt: Wie prägend ist der Glaube an Gott im Leben und in der Geschichte?
  1. Die Fragestellung, inwiefern die Wirklichkeit Gottes sprachlich zu fassen ist, durchzieht alle Jahrgangsstufen. Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, dass es zwar Formen der Bildsprache gibt, in denen von Gott gesprochen werden kann, dass aber jeglicher Sprechversuch an seine Grenzen kommt, weil Gott in kognitiven und sprachlichen Kategorien nie ganz erfasst werden kann und letztlich unverfügbar bleibt.

  2. Hinsichtlich der Bilder von Gott konstatiert eine nicht unerhebliche Zahl von Religionspsychologen und -pädagogen eine Entwicklung, die tendenziell von konkret-naiven bzw. anthropomorphen zu eher abstrakten, symbolischen Vorstellungen führt. Mit der Entwicklung des Denkens geht eine wachsende Differenzierung der Wahrnehmung von Wirklichkeit und Welt als Ganzes einher. So tragen für die Schülerinnen und Schüler am Ausgang der Kindheit vertraut gewordene Bilder von Gott nicht mehr und sie orientieren sich neu. Früher noch in einem geborgenen Rahmen aufgewachsen und – meist über das Elternhaus vermittelt – mit einem Gottesbild vertraut, in dem Gott als allmächtiger, weiser, schützender „Vater“ erscheint, der das Gute belohnt und das Böse bestraft, den man auch durch Gebete direkt beeinflussen kann, beginnen die Jugendlichen im Laufe der Pubertät allzu anthropomorphe Bilder zu hinterfragen. Das Leben und die Welt werden nun viel differenzierter und auch als brüchig und ambivalent erfahren und so verändern sich zum Teil die Attribute Gottes: Gott ist nicht immer nur da als der gute Begleiter im Leben, er wird auch als abwesend, ja sogar gleichgültig gegenüber den Sorgen der Menschen erfahren. Im kognitiven Bereich empfinden die Schülerinnen und Schüler es nun als angemessener, in eher symbolischer Weise von Gott zu reden. Sie ahnen, dass die Wirklichkeit Gottes sich allzu einfachen und sicheren Etikettierungen entzieht. Für die Religionspädagogik muss es ein wichtiges Anliegen bleiben, die jungen Menschen durch diese Sprach- und Erlebenskrise hindurch zu begleiten, damit „die Frage nach Gott“ und der Gottesglaube weiterhin eine existenziell wichtige Option sind.

    Viele Jugendliche ziehen sich in dieser Situation auf einen individualistischen Standpunkt zurück. „Jeder kann glauben, was er will“ – „Jeder kann sich Gott vorstellen, wie er möchte“ – Das sind gängige Ansichten. Einer Überprüfung durch „Autoritäten“ wie die Bibel oder die Theologie als Wissenschaft widersetzen sie sich gerne. Umso wichtiger ist es, dass auf der Suche nach verantwortbaren und angemessenen Bildern von Gott die Menschen der Bibel befragt und die Erkenntnisse der Theologie einbezogen werden. Dieser Notwendigkeit versuchen die verschiedenen Unterrichtsmaterialien gerecht zu werden.

  3. Im Blick auf das Handeln und die eigene Lebensgeschichte bekommen die Gottesbilder der Kinder und Jugendlichen eine praktische, existenzielle Dimension. Dass der Glaube nicht nur ein Für-wahr-Halten von bestimmten Aussagen, sondern eine das ganze Leben prägende Haltung ist, wird in den Bildungsstandards berücksichtigt. So geht es nicht nur um die akademische Frage, welche Bilder von Gott christlich zu verantworten sind, sondern wie diese auf die eigene Lebensgestaltung wirken und sie prägen.

 

Literatur:
  • Kuld , Lothar: Wie Kinder und Jugendliche Religion verstehen - Das Entscheidende ist unsichtbar. Augsburg, 2011.
  • Hanisch , Helmut : Das Gottesbild bei religiös und nicht-religiös erzogenen Kindern und  Jugendlichen im Alter von 7 – 16,
    in: www.uni-leipzig.de/ru/gottesbilder/artikel (08.09.2011)
  • Bosold , Iris / Kliemann Peter (Hrsg.): Ach, Sie unterrichten Religion? München, 2003.
  • Schweitzer , Friedrich: Lebensgeschichte und Religion. Religiöse Entwicklung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter. Gütersloh, 1984.

 

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