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Der Bil­dungs­plan 2004

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Der Bil­dungs­plan 2004 sei die „ko­per­ni­ka­ni­sche Wende im Bil­dungs­sys­tem“, hieß es auf den Fort­bil­dun­gen im Jahre 2004. Der zu­grun­de lie­gen­de Bil­dungs­be­griff geht – wie unter 2.3.2 aus­führ­lich dar­ge­stellt wer­den wird - davon aus, dass es nicht mehr nur um die Ver­mitt­lung von Sach- und Fak­ten­wis­sen geht, son­dern - wie Hart­mut von Hen­tig in sei­nem Vor­wort zum Bil­dungs­plan schreibt – die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sol­len eine um­fas­sen­de Bil­dung er­lan­gen, die es ihnen er­mög­licht, „ als Per­son und Bür­ger in ihrer Zeit zu be­ste­hen. [19] Die hier­für nö­ti­gen „ Ein­stel­lun­gen, Fä­hig­kei­ten und Kennt­nis­se “ er­wer­ben die Schü­le­rin­nen und Schü­ler im Laufe ihrer Schul­zeit in einem ak­ti­ven, hand­lungs­ori­en­tier­ten und ei­gen­ver­ant­wort­li­chen Bil­dungs­pro­zess. [20]

Auch in den kon­kre­ten Bil­dungs­stan­dards bie­tet der Bil­dungs­plan eine um­wäl­zen­de Neue­rung: Es wird nicht mehr – wie noch in Bil­dungs­plä­nen 1994 und 2001 - der zu ver­mit­teln­de Stoff auf­ge­führt, son­dern die Stan­dards zei­gen auf, wel­che Kom­pe­ten­zen er­reicht wer­den sol­len, was die Schü­le­rin­nen und Schü­ler am Ende eines Stan­dard­zeit­raums kön­nen sol­len. Für den ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt wer­den dar­über hin­aus noch so ge­nann­te „The­men­fel­der“ mit ver­bind­li­chen In­hal­ten als eine Art „Kern­cur­ri­cu­lum“ im Sinne der Klie­me-Ex­per­ti­se aus­ge­wie­sen. [21] Aber was zeich­net die vor­lie­gen­den Stan­dards aus? An ei­ni­gen Bei­spie­len las­sen sich we­sent­li­che Merk­ma­le auf­zei­gen:
Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler

  • kön­nen Vor­tei­le und Ge­fah­ren der Zu­ge­hö­rig­keit zu einer Grup­pe nen­nen und be­ur­tei­len. (5/6)
  • kön­nen den zen­tra­len christ­li­chen Fes­ten die Ur­sprungs­ge­schich­ten zu­ord­nen; (5/6)
  • sind in An­sät­zen be­fä­higt zu einem Ge­sprächs­aus­tausch mit Men­schen is­la­mi­schen Glau­bens. (7/8)
  • kön­nen den Grund der christ­li­chen Hoff­nung auf Auf­er­we­ckung dar­le­gen und Wie­der­ge­burts­vor­stel­lun­gen von die­ser ab­he­ben.(9/10)

Bei den aus­ge­wähl­ten Stan­dards fällt zu­nächst die un­ter­schied­li­che Kom­ple­xi­tät auf. Wäh­rend der Stan­dard „ … kön­nen Vor­tei­le und Ge­fah­ren der Zu­ge­hö­rig­keit zu einer Grup­pe nen­nen und be­ur­tei­len “ (5/6) mit recht wenig Fach­wis­sen und me­tho­di­scher Kom­pe­tenz zu er­rei­chen ist, setzt der Stan­dard „ sind in An­sät­zen be­fä­higt zu einem Ge­sprächs­aus­tausch mit Men­schen is­la­mi­schen Glau­bens. “ (7/8) nicht nur um­fang­rei­che Kennt­nis­se der ei­ge­nen und der mus­li­mi­schen Re­li­gi­on vor­aus, son­dern er­for­dert auch ein hohes Maß an per­so­na­ler und so­zia­ler Kom­pe­tenz, das von einem Acht­kläss­ler nur in Aus­nah­me­fäl­len er­war­tet wer­den kann. Gleich­zei­tig be­merkt man, dass die Stan­dards pri­mär von In­hal­ten aus­ge­hen, d.h. dass im We­sent­li­chen be­währ­te In­hal­te mit Ope­ra­to­ren ver­se­hen wur­den; die Er­fah­rung und Pra­xis von Re­li­gi­on und die Fä­hig­keit zu re­li­giö­ser Ur­teils­fä­hig­keit fehlt in vie­len Stan­dards fast ganz. [22] Auch ein Bezug zur Le­bens­welt der Schü­le­rin­nen und Schü­ler, zu den Her­aus­for­de­run­gen, denen sie „in Sa­chen Re­li­gi­on“ ge­gen­über ste­hen könn­ten, ist nur in Ein­zel­fäl­len er­kenn­bar. Fer­ner sind ein­zel­ne Stan­dards so wenig kom­plex, dass man sie fast eher als Lern­zie­le denn als kom­ple­xe Kom­pe­ten­zen be­zeich­nen könn­te. [23]
Über die ein­zel­nen The­men hin­aus er­folgt im Bil­dungs­plan 2004 nicht durch­gän­gig ein sys­te­ma­ti­scher Kom­pe­tenz­auf­bau – man spürt, dass man bei der Er­stel­lung der Stan­dards von den The­men her dach­te und die ein­zel­nen As­pek­te der (für den je­wei­li­gen Stan­dard­zeit­raum vor­ge­se­he­nen) The­men mit Ope­ra­to­ren ver­se­hen hat. Ku­mu­la­ti­ves und nach­hal­ti­ges Ler­nen, d.h. also der Lern­pro­zess über die ge­sam­te Schul­zeit hin­weg, wer­den in den Stan­dards nicht oder nur kaum be­rück­sich­tigt. [24]
Aus die­sen Grün­den er­for­dert die Ge­stal­tung von auf­bau­en­dem Ler­nen tlw. eine Er­gän­zung oder Ver­tie­fung des Stan­dard­plans. In­ter­es­sant ist in die­sem Kon­text, dass die Bil­dungs­stan­dards zu einem Zeit­punkt er­stellt wur­den, als die bil­dungs­theo­re­ti­schen und re­li­gi­ons­päd­ago­gi­schen Grund­la­gen nur an­fang­haft er­forscht waren und keine grund­le­gen­de Dis­kus­si­on über den Kom­pe­tenz­be­griff statt­ge­fun­den hatte [25] , so dass sie nicht die op­ti­ma­le Basis für die Ent­wick­lung eines kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Re­li­gi­ons­un­ter­richts
gemäß dem heu­ti­gen For­schungs- und Dis­kus­si­ons­stands sein mögen. [26]


[19] Ein­füh­rung zum Bil­dungs­plan 2004, S. 9.
[20] Vgl. Ein­füh­rung zum Bil­dungs­plan 2004, S. 11-13.
[21] Vgl. Gnandt, Bil­dungs­stan­dards in ka­tho­li­scher Re­li­gi­ons­leh­re im Rah­men des Bil­dungs­plans Baden-Würt­tem­berg 2004, S. 55.
[22] Vgl. Gnandt, Bil­dungs­stan­dards in ka­tho­li­scher Re­li­gi­ons­leh­re im Rah­men des Bil­dungs­plans Baden-Würt­tem­berg 2004, S. 61.
[23] Vgl. Rupp, Vor­trag in Karls­ru­he, 18.2.2011.
[24] Vgl. Klie­me-Ex­per­ti­se, S. 25.
[25] Zum Ent­ste­hungs­pro­zess des Bil­dungs­plans 2004: Vgl. Gnandt, Bil­dungs­stan­dards in ka­tho­li­scher Re­li­gi­ons­leh­re im Rah­men des Bil­dungs­plans Baden-Würt­tem­berg 2004, S. 52, S. 59.

 

Was ist kom­pe­tenz­ori­en­tier­ter Re­li­gi­ons­un­ter­richt?: Her­un­ter­la­den [pdf] [650 KB]