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Beispiel für Diagnostik und individuelle Förderung

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Wie Diagnostik und individuelle Förderung im Unterrichtssalltag, z.B. in der Kursstufe aussehen kann, soll folgendes Beispiel eines fiktiven Oberstufenkurses (Jahrgangsstufe 1) zeigen:

Beobachtungen bei der Korrektur von schriftlichen Arbeiten: [205]

  • Lisa und Lara haben Schwierigkeiten, den Gedankengang eines Textes knapp in eigenen Worten wiederzugeben, sondern paraphrasieren den Text Satz für Satz.
  • Kevin und Leon können das im Unterricht vermittelte Sachwissen nicht zusammenhängend darstellen sondern schreiben lediglich einige Stichworte des Tafelanschriebs hin.
  • Theresa und Lena haben offensichtlich alle im Unterricht behandelten Texte auswendig gelernt und möchten ihr gesamtes Wissen „loswerden“. Dass vieles von dem, was sie schreiben, mit der Fragestellung nicht viel zu tun hat, bemerken sie nicht.
  • Daniel und Tobias sind nicht in der Lage, bei einer Stellungnahme Unterrichtswissen in die Darstellung mit einzubeziehen.
  • Die Arbeit von Benjamin, verrät, dass er die theologischen Fragestellungen, die im Unterricht behandelt wurden, nicht verstanden hat, sondern sich in seiner Argumentation auf das Wissen aus Erstkommunionunterricht und Kinderbibel stützt. Seine religiöse Entwicklung scheint auf dem Stand eines 11-12 Jährigen zu sein.
  • Marvin hat offensichtlich den Unterrichtsstoff überhaupt nicht gelernt, kann aber mit dem vorgelegten Text sehr gut umgehen.
  • Nathanael kann mit dem vorgelegten Text und dem Unterrichtsstoff souverän umgehen, kann sich sehr gut ausdrücken, seine Ausführungen verraten jedoch ein historisierend-fundamentalistisches Bibelverständnis.
  • Die Klausuren von Tina und Andreas enthalten zahlreiche R- und Z-Fehler und sind zudem in einem sehr problematischen Stil verfasst. Die Arbeit von Andreas ist ferner kaum zu entziffern.

Förderbedarf der Schülerinnen und Schüler

  • Lisa und Lara müssten die Zusammenfassung von Texten üben, evtl. auch in Kooperation mit anderen Fächern (D/Ge).
  • Kevin und Leon müssten sich darin üben, das im Unterricht vermittelte Sachwissen zusammenhängend darzustellen, z.B. durch mündliche Zusammenfassungen im Unterricht oder durch Stundenprotokolle.
  • Theresa und Lena müssten lernen, die Fragestellung der Klausur zunächst genau zu analysieren und anhand einer Gliederung ihrer Argumentation relevanten und irrelevanten Unterrichtsstoff zu trennen.
  • Daniel und Tobias müssten trainieren, Fragestellungen in Klausuren auf ihren Bezug zum Unterrichtsstoff zu hinterfragen und Gelerntes sinnvoll in die Argumentation einzubeziehen.
  • Benjamin müsste im Unterricht und in Hausaufgaben sensibel zu einer Reflexion seines Kinderglaubens hin geführt werden.
  • Marvin sollte sein Lernverhalten verbessern.
  • Nathanael ist möglicherweise Mitglied einer fundamentalistischen Gemeinde (z.B. Freikirche). In Gesprächen und Diskussionen müsste sein Bibelverständnis hinterfragt werden, damit er entweder einen Zugang zur historisch-kritischen Exegese bekommt oder aber sein Bibelverständnis argumentativ darlegen kann.
  • Tina und Andreas haben wahrscheinlich auch große Probleme im Fach Deutsch. In Kooperation mit dem Deutschlehrer könnten sie dazu angehalten werden, ihre Rechtschreibung, Zeichensetzung und ihren Stil zu verbessern. Andreas muss sich ferner in der Darstellung und Präsentation seiner Ergebnisse üben.

Beispiele für Diagnostik:

  • Erstellung von Beobachtungsbögen, die den Aufbau einer Teilkompetenz systematisch erfassen können. [206]
  • Fehleranalyse bei der Rückgabe der Arbeiten und Klausuren (z.B. als Formblatt mit einem Kompetenzraster und konkreten Lerntipps), so dass die Schülerinnen und Schüler sich individuelle Ziele setzen und an den eigenen Schwächen arbeiten können.
  • „Kompetenzkonferenzen“ für jede Klasse, in denen gezielt die Beobachtungen der Fachlehrer/innen zu den einzelnen Kompetenzbereichen ausgetauscht und fächerübergreifende Förderpläne erstellt werden.

Beispiele für binnendifferenzierte, individuelle Förderung:

  • gezielte Zusatzaufgaben zur Förderung einer bestimmten Kompetenz, z.B.
    • Lisa und Lara: schriftliche Zusammenfassung eines Textes;
    • Kevin und Leon: Ergebnisse der Stunde schriftlich zusammenfassen;
    • Theresa und Lena: Erstellen von Gliederungen zu Übungsaufgaben;
    • Benjamin: Schreiben einer kurzen eigenen Stellungnahme. [207]
  • während des Unterrichts: gezielte Förderung einzelner Schülerinnen und Schüler in den jeweils noch zu entwickelnden Kompetenzbereichen
    • Lisa und Lara: mündliches Vortragen der Zusammenfassung eines im Unterricht gelesenen Textes;
    • Benjamin: sensibles Nachfragen der Lehrkraft bei Äußerungen im Unterricht, die auf seine kindlichen Überzeugungen schließen lassen.

[205] Beobachtungen aus dem Religionsunterricht in der Kursstufe am Gymnasium Ochsenhausen. Den Schülerinnen und Schülern wurden hier bewusst fiktive Namen gegeben, um im weiteren Verlauf den potentiellen Förderbedarf darzustellen.
[206] Vgl. Feindt/ Lamprecht, Von Fußballfans und Fischen, S. 11.
[207] Vgl. Feindt/ Lamprecht, Von Fußballfans und Fischen, S. 11.

 

Was ist kompetenzorientierter Religionsunterricht?: Herunterladen [pdf] [650 KB]