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Ci­ce­ro

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Ci­ce­ro, 4. Phil­ip­pi­sche Rede

Zum Hin­ter­grund:

Nach­dem Ci­ce­ro unter Cae­sars Dik­ta­tur po­li­tisch kalt­ge­stellt war, sah er nach der Er­mor­dung des Dik­ta­tors die Mög­lich­keit, die Re­pu­blik unter der Herr­schaft des Se­nats wie­der her­zu­stel­len. Als Feind die­ser Po­li­tik er­schien ihm und den Cae­s­ar­mör­dern M. An­to­ni­us. Gegen Ende des Jah­res 44 war der Bruch Ci­ce­ros mit M.​An­to­ni­us voll­zo­gen; beide Po­li­ti­ker hat­ten mit wü­ten­den per­sön­li­chen An­grif­fen jede Mög­lich­keit einer Ei­ni­gung aus­ge­schlos­sen. War die erste Rede, die Ci­ce­ro nach einer Zeit des po­li­ti­schen Va­ku­ums am 2.9.44 vor dem Senat ge­hal­ten hatte, noch auf die Mög­lich­keit eines Aus­gleichs an­ge­legt, so be­stand die zwei­te Rede, von der man bis heute nicht si­cher weiß, ob sie je zu Ci­ce­ros Leb­zei­ten pu­bli­ziert wurde, aus einer um­fas­sen­den Kri­tik der Per­son und der Po­li­tik des An­to­ni­us. 

Frei­lich war die­ser im Jahr 44 der recht­mä­ßi­ge Kon­sul. De­ci­mus Iuni­us Bru­tus Al­bi­nus, einer der Ver­schwö­rer, wurde im De­zem­ber 44 von An­to­ni­us in Mu­ti­na be­la­gert; der Bür­ger­krieg hatte damit be­gon­nen. 

Oc­ta­vi­an, der spä­te­re Au­gus­tus, er­schien Ende des Jah­res 44 noch als mög­li­cher Ver­bün­de­ter der Re­pu­bli­ka­ner. Ci­ce­ro hatte in einer Rede am 20.12. 44 v. Chr. vor dem Senat durch­ge­setzt, dass die­ser das Vor­ge­hen des Oc­ta­vi­an und des D. Iuni­us Bru­tus gegen An­to­ni­us bil­lig­te. Nun spricht er am sel­ben Tag vor dem Volk (4. Phil­ip­pi­ca). In dem hier wie­der­ge­ge­ben Ab­schnitt geht es Ci­ce­ro darum, das Volk dafür zu ge­win­nen, den am­tie­ren­den Kon­sul als Staats­feind an­zu­se­hen und die Ent­schei­dung der Le­gi­on des Mars, die sich vom Kon­sul los­ge­sagt hatte, sowie des Oc­ta­vi­an zu bil­li­gen. 

Quel­le für den lat. Text: www.​the​lati​nlib​rary.​com . Der Text wurde kor­ri­giert. Eine feh­ler­freie Edi­ti­on steht auf der In­ter­net­sei­te des Pa­ckard Hu­ma­nities In­sti­tu­te be­reit.

1. Fre­quen­tia vestrum in­credi­bi­lis, Qui­ri­tes, con­ti­o­que tanta, quantam memi­nis­se non vi­de­or, et ala­cri­ta­tem mihi sum­mam de­fen­den­dae rei pu­bli­cae ad­fert et spem re­cup­eran­dae. Quam­quam ani­mus mihi qui­dem num­quam de­fuit, tem­po­ra de­fu­er­unt, quae simul ac pri­mum ali­quid lucis ost­ende­re visa sunt, prin­ceps vestrae li­ber­ta­tis de­fen­den­dae fui. Quod­si id ante fa­ce­re co­na­tus essem, nunc fa­ce­re non pos­sem. Ho­dier­no enim die, Qui­ri­tes, ne me­di­o­crem rem actam ar­bi­tre­mi­ni, fun­da­men­ta iacta sunt re­li­quar­um ac­tio­num. Nam est hos­tis a se­na­tu non­dum verbo ad­pel­la­tus, sed re iam iu­di­ca­tus An­to­ni­us.

Euer so zahl­rei­ches Er­schei­nen, ihr Bür­ger, und diese so große Ver­samm­lung - so groß, wie ich keine vor­her sah, so­weit ich mich er­in­ne­re - er­füllt mich mit der größ­te Ent­schloss­sen­heit, den Staat zu ver­tei­di­gen, und mit Hoff­nung, dass dies auch ge­lin­gen werde. Ob­wohl mir der Mut nie­mals fehl­te, so waren oft die Um­stän­de hin­der­lich, aber so­bald diese auch nur einen Hoff­nungs­schim­mer zeig­ten, war ich der Erste, wenn es darum ging, eure Frei­heit zu ver­tei­di­gen. Wenn ich es aber vor­her ver­sucht hätte, wäre ich jetzt nicht in der Lage, es zu tun [a] . An die­sem heu­ti­gen Tag näm­lich, damit ihr nicht glaubt, dass eine un­wich­ti­ge Sache getan wurde, sind die Fun­da­men­te für alle künf­ti­gen Hand­lun­gen ge­legt wor­den. Denn An­to­ni­us ist vom Senat zwar noch nicht dem Wort­laut, wohl aber der Sache nach zum Staats­feind er­klärt wor­den.

2. Nunc vero multo sum erec­tior, quod vos quo­que illum hos­tem esse tanto con­sen­su tan­to­que cla­mo­re ad­pro­ba­vis­tis. Neque enim, Qui­ri­tes, fieri po­test, ut non aut ii sint impii, qui con­tra con­su­lem ex­er­ci­tus com­pa­ra­ver­unt, aut ille hos­tis, con­tra quem iure arma sump­ta sunt. Hanc igi­tur du­bi­ta­tio­nem, quam­quam nulla erat, tamen ne qua pos­set esse, se­na­tus ho­dier­no die sus­tu­lit. C. Cae­sar, qui rem pu­bli­cam li­ber­tatem­que vestram suo stu­dio, con­silio, pa­tri­mo­nio deni­que tu­ta­tus est et tu­ta­tur, ma­xi­mis se­na­tus lau­di­bus or­na­tus est.

2. Jetzt aber bin ich um so viel zu­ver­sicht­li­cher, weil ihr mit so gro­ßer Ein­mü­tig­keit und so lau­ten Rufen zu­ge­stimmt habt, dass jener ein Staats­feind ist. Es kann näm­lich, ihr Bür­ger, nicht sein, dass nicht ent­we­der die­je­ni­gen bös­wil­lig sind, die gegen den Kon­sul ein Herr auf­ge­stellt haben, oder der­je­ni­ge ein Staats­feind ist, gegen den zu Recht die Waf­fen er­grif­fen wur­den. Die­sen Zwei­fel also, ob­gleich es gar kei­nen sol­chen geben konn­te, hat der Senat am heu­ti­gen Tag be­sei­tigt, damit gleich­wohl ein sol­cher gar nicht be­ste­hen könne. C. Cae­sar [b] , der den Staat und eure Frei­heit mit sei­nem Eifer, sei­ner Ein­sicht und schließ­lich mit sei­nem Erbe ge­schützt hat und noch schützt, ist vom Senat mit höchs­ten Ehren be­dacht wor­den.

Laudo, laudo vos, Qui­ri­tes, quod gra­tis­si­mis ani­mis pro­se­qui­mi­ni nomen cla­ris­si­mi adu­le­scen­tis vel pueri po­ti­us. sunt enim facta eius im­mor­ta­li­ta­tis, nomen ae­ta­tis. Multa memi­ni, multa au­di­vi, multa legi, Qui­ri­tes; nihil ex om­ni­um sa­e­cu­l­o­rum me­mo­ria tale co­gno­vi. 

qui, cum ser­vi­tu­te pre­mere­mur, in dies malum cre­sce­ret, pra­e­si­dii nihil ha­bere­mus, ca­pi­ta­lem et pe­sti­fer­um a Brun­di­sio tum M. An­to­ni re­ditum ti­mere­mus, hoc in­spe­ra­tum om­ni­bus con­si­li­um, in­co­gni­tum certe ce­pe­rit, ut ex­er­citum in­vic­tum ex pa­ter­nis mi­li­ti­bus con­fi­ce­ret An­to­ni­que fu­ro­rem cru­de­lis­si­mis con­siliis in­ci­tatum a per­ni­cie rei pu­bli­cae aver­te­ret.

Ich lobe, ja ich lobe euch, ihr Bür­ger, weil ihr mit äu­ßerst dank­ba­rem Sinn den Namen des strah­len­dens­ten jun­gen Man­nes oder fast noch Jüng­lings be­denkt - seine Taten sind der Un­sterb­lich­keit wert, sein Name ist dem Alter ge­schul­det. Ich habe vie­les er­lebt, vie­les ge­hört, vie­les ge­le­sen, ihr Bür­ger; nichts der­ar­ti­ges habe ich in der Er­in­ne­rung all die­ser Jahr­hun­der­te ver­nom­men.

Die­ser hat, als wir von Skla­ve­rei be­drückt wur­den, als Tag für Tag das Übel an­wuchs und wir kei­nen Schutz hat­ten und wir die tod­brin­gen­de und furcht­ba­re Rück­kehr des M. An­to­ni­us fürch­te­ten, die­sen von nie­man­dem er­hoff­ten und si­cher­lich allen un­be­kann­ten Plan ge­fasst, dass er ein un­be­sieg­tes Heer, be­ste­hend aus den Sol­da­ten sei­nes Va­ters [c] , zu­sam­men­stell­te und die Ra­se­rei des An­to­ni­us, die von den grau­sams­ten Plä­nen ge­nährt war, davon ab­ge­hal­ten, dem Staat Ver­der­ben zu brin­gen.

 


An­mer­kun­gen und Li­te­ra­tur­hin­wei­se

[a]: Ci­ce­ro war An­to­ni­us im Sept. 44 aus­ge­wi­chen; dies recht­fer­tigt er nun damit, dass eine of­fe­ne Kon­fron­ta­ti­on da­mals sei­nen si­che­ren Tod be­deu­tet hätte.

[b] Mit C. Cae­sar ist immer der junge Oc­ta­vi­an ge­meint, der gleich nach der Er­mor­dung des Dik­ta­tors C.​Iu­li­us Cae­sar, sei­nes Ad­op­tiv­va­ters, des­sen Namen über­nom­men hatte, den er recht­mä­ßig ge­erbt hatte.

[c] Mit dem Vater ist C.​Iu­li­us Cae­sar, der Dik­ta­tor ge­meint . Es geht hier um Cae­sars Ve­te­ra­nen.