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Ma­te­ri­al M1

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Nun, der Kom­man­dant zö­gert, aber nur ein wenig (11: cunc­ta­tus pau­lum ), der Steu­er­mann rät zur Um­kehr (11: gu­ber­na­to­ri, ... mo­nen­ti ). Da, in wir­kungs­vol­ler ge­stal­te­ter, dra­ma­ti­scher Stei­ge­rung spricht der Onkel, sich zu Mut und Zu­ver­sicht er­man­nend ... Da er­war­tet der ge­spann­te Leser, der mu­ti­ge Kom­man­dant gebe nicht auf, drauf­gän­ge­risch werde er bei sei­nem ein­mal ein­ge­schla­ge­nen Kurs blei­ben, allen dro­hen­den Ge­fah­ren und Schreck­nis­sen zum Trotz, geht es doch um die Ret­tung von Men­schen­le­ben – al­lein, was ge­schieht? Der Kom­man­dant be­gibt sich zu einem au­ßer­halb der Ge­fah­ren­zo­ne woh­nen­den Mann in Sta­biae na­mens Pom­po­nia­nus, zu dem er an­schei­nend in freund­schaft­li­chem Ver­hält­nis steht ... Was ist nun mit der hoch­her­zi­gen Ret­tungs­ak­ti­on für die Küs­ten­be­woh­ner, die durch die Per­son des Flot­ten­kom­man­dan­ten sogar of­fi­zi­el­len Cha­rak­ter hat? Pli­ni­us macht nicht die lei­ses­te An­deu­tung, dass den Onkel etwa der Ge­dan­ke an Rec­ti­na quält, die sich an ihn per­sön­lich ge­wandt hat, und die nun ihrem Schick­sal über­las­sen ist, dass er be­küm­mert ist, all den Hilf­lo­sen nicht hel­fen zu kön­nen ... Die auf­zeig­ten Wi­der­sprüch­lich­kei­ten ... las­sen sich schlag­ar­tig be­sei­ti­gen, wenn man Pli­ni­us der Über­trei­bung in bezug auf sei­nen Onkel zeiht, das heißt, wenn das ganze Motiv des Hil­fe­brin­gens, ein­set­zend mit der Szene des Rec­ti­n­ab­rie­fes als dra­ma­ti­schem Aus­lö­ser, und fort­ge­setzt mit der dar­auf­hin er­fol­gen­den Aus­fahrt der Vier­ru­de­rer, als reine Er­fin­dung er­kannt wird. Die­ser schö­ne Akt der Phil­an­thro­pie ist künst­lich an­ge­fügt, er hat nicht wirk­lich statt­ge­fun­den.

R. Co­po­ny, For­tes for­tu­na iuvat. Fik­ti­on und Rea­li­tät im 1. Ve­suvbrief des jün­ge­ren Pli­ni­us VI, 16, in: Gra­zer Bei­trä­ge 14 (1987), S. 215 – 228, 221 – 223.

 

Jede Deu­tung, die eine Kurs­än­de­rung un­ter­stellt, schei­det schon aus in­ne­ren Grün­den aus. Wenn der Oheim erst zu einem an­de­ren Ziel – etwa Her­cu­la­ne­um – auf­ge­bro­chen wäre, um Rec­ti­na, die um Hilfe ge­be­ten hatte (8), bei­zu­ste­hen, dann aber an­ge­sichts der Ge­fahr davon ab­ge­las­sen und ‚we­nigs­tens’ Pom­po­nia­nus in Sta­biae auf­ge­sucht hätte – wie man ge­wöhn­lich in­ter­pre­tiert -, wäre die Sti­li­sie­rung der Schil­de­rung im Sinn einer Ka­schie­rung lä­cher­lich ge­we­sen. Kaum hätte sich der ge­schick­te Li­te­rat, der der jün­ge­re Pli­ni­us war, eines sol­chen ka­pi­ta­len er­zähl­tech­ni­schen Feh­lers schul­dig ge­macht. Daher wird ... ent­we­der Sher­win-Whi­tes Ver­mu­tung rich­tig sein, dass Ta­sci­us, der Mann Rec­ti­nas, mit Pom­po­nia­nus iden­tisch ist, oder aber Rec­ti­nas Villa lag in der Nähe der pom­po­nia­ni­schen, so dass das Fahrt­ziel das­sel­be war. Wäre das nicht der Fall, wäre es Pli­ni­us ein leich­tes ge­we­sen, Rec­ti­nas Bot­schaft – ein Men­schen­al­ter nach den tat­säch­li­chen Er­eig­nis­sen – zu un­ter­drü­cken. Es hätte voll­auf ge­nügt, von einem all­ge­mei­nen Hil­fe­ruf oder einem sol­chen aus Sta­biae zu be­rich­ten. Denn Pli­ni­us tat alles, um die große Tat des Oheims rüh­mend her­aus­zu­stel­len. Im üb­ri­gen war es ge­schickt – und glaub­wür­dig -, der ängst­li­chen Frau einen Boten zu schi­cken (8) und den tat­kräf­ti­gen Mann die Schif­fe rüs­ten zu las­sen (12).

E. Lefèvre, Pli­ni­us Stu­di­en VI. Der große und der klei­ne Pli­ni­us. Die Ve­suvbrie­fe (6,16; 6,20), in: Gym­na­si­um 103 (1996), S. 193 – 215; 199f.

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