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Wo­durch wer­den Text­sor­ten kon­sti­tu­iert?

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Die ein­zel­nen Ex­em­pla­re einer Text­sor­te haben eine ge­mein­sa­me oder doch zu­min­dest eine ähn­li­che kom­mu­ni­ka­ti­ve Funk­ti­on . In vie­len Fäl­len ist es hilf­reich, diese Funk­tio­nen, an­knüp­fend an die Über­le­gun­gen des Sprach­for­schers Karl Büh­ler da­nach zu un­ter­schei­den, ob sie einen Schwer­punkt auf die ex­pres­si­ve Funk­ti­on (1. Per­son), auf die ap­pel­la­ti­ve Funk­ti­on (2. Per­son) oder auf die dar­stel­len­de Funk­ti­on (3. Per­son) legen. Die­ses Mo­dell ist auch für Schü­ler nach­voll­zieh­bar und bie­tet sich als eine schlich­tes, aber hilf­rei­ches In­stru­ment für die In­ter­pre­ta­ti­on an. [1]

Die ein­zel­nen Ex­em­pla­re einer be­stimm­ten Text­sor­te wei­sen - im Ver­gleich zu Ex­em­pla­ren an­de­rer Text­sor­ten - viele Ge­mein­sam­kei­ten an der Tex­to­ber­flä­che auf. Für den in­di­vi­du­el­len Nut­zer der Text­sor­te (tra­di­tio­nell: Ver­fas­ser, Autor; lin­gu­is­tisch: Emit­ten­ten) zeigt sich diese Ge­schlos­sen­heit darin, dass er diese Ober­flä­chen­merk­ma­le der Text­sor­te nicht be­lie­big ver­än­dern darf (Ein Re­fe­rat in der Schu­le oder ein Leh­rer­kom­men­tar unter einer Klas­sen­ar­beit darf weder in Ver­sen noch in Ju­gends­lang ver­fasst sein; ein Epos kann weder in Prosa noch in Iam­ben ver­fasst wer­den). Ist die Va­ria­ti­ons­brei­te zwi­schen den ein­zel­nen Ex­em­pla­ren einer Text­sor­te sehr groß, wie in der mo­der­nen Lyrik, ist dies ein be­son­de­res Merk­mal. An­ti­ke Text­sor­ten wei­sen deut­lich ge­rin­ge­re Va­ria­ti­ons­brei­ten in der for­ma­len Ge­stal­tung auf. 

Ein we­sent­li­ches, auch für Schü­ler leicht fass­li­ches Ober­flä­chen­merk­mal ist die Text­län­ge . Um­fasst ein Text nur zwan­zig Verse, han­delt es sich nicht um ein Epos.

Die­ser As­pekt der Ge­mein­sam­kei­ten an der Tex­to­ber­flä­che ebnet den Schü­lern den Zu­gang, ge­ra­de weil der Un­ter­richt hier an im­pli­zi­tes Vor­wis­sen an­knüp­fen kann.

Text­sor­ten sind in be­stimm­ter, je­weils un­ter­schied­li­cher Weise von dem me­dia­len Über­mitt­lungs­weg ge­prägt, auf dem sie ihren Adres­sa­ten er­rei­chen. Nor­ma­ler­wei­se wird die Über­lie­fe­rungs­ge­schich­te nicht im Schuln­ter­richt the­ma­ti­siert, aber es kann hilf­reich sein, wenn die Schü­ler zu­min­dest eine un­ge­fäh­re Vor­stel­lung über die Text­über­lie­fe­rung ge­win­nen.

Text­sor­ten als Mus­ter­klas­sen sind einer his­to­ri­schen Evo­lu­ti­on un­ter­wor­fen. Es ist für die Schü­ler er­hel­lend, wenn sie die Ent­wick­lungs­li­ni­en nach­zeich­nen kön­nen, die von den an­ti­ken Text­sor­ten zu ihren mo­der­nen Nach­fol­gern ver­lau­fen, etwa den Weg vom Brief der An­ti­ke zu den mo­der­nen Brief­for­men, bis hin zu Email und SMS. Wich­ti­ger noch ist die Ent­wick­lung vom Epos zum mo­der­nen Roman. Hier soll­te das Wis­sen aus dem Deutsch­un­ter­richt ein­be­zo­gen wer­den, aber auch die pri­va­te Lek­tü­re­er­fah­rung.

Text­sor­ten sind damit immer an  Kon­ven­tio­nen ge­bun­den, die sich in so­zia­ler, kul­tu­rel­ler, me­dia­ler und his­to­ri­scher Hin­sicht ana­ly­sie­ren las­sen. Da jeder Text einer Text­sor­te an­ge­hört, gilt diese Be­stim­mung auch für die Texte, wel­che die Schü­ler zu ver­fas­sen haben. Die Schu­le ver­mit­telt die Fä­hig­keit, die in­sti­tu­tio­nell ge­präg­ten Text­sor­ten zu ver­wen­den. Der Schü­ler muss also die an­ti­ke Text­sor­te be­stim­men mit dem Ziel, eine In­ter­pre­ta­ti­on nach den Re­geln der schu­li­schen Text­sor­te zu ver­fas­sen.

Text­sor­ten kön­nen in einer be­stimm­ten, durch Tra­di­tio­nen ge­re­gel­ten Weise be­stimm­te an­de­re Text­sor­ten in­kor­po­rie­ren . Im Epos kann man Reden er­war­ten, in einem Brief kön­nen Ge­dich­te zi­tiert wer­den.


An­mer­kun­gen und Li­te­ra­tur­hin­wei­se

[1] Siehe die Dar­stel­lung des von Karl Büh­ler ent­wi­ckel­ten Or­ga­non-Mo­dells der Spra­che in der Wi­ki­pe­dia .
Siehe  Fer­ner die ge­naue Dar­stel­lung bei K.​H.​Wag­ner, S. 51 ( Uni­ver­si­tät Bre­men