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Vor­be­mer­kun­gen

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Zahl­rei­che fach­wis­sen­schaft­li­che und -di­dak­ti­sche Ab­hand­lun­gen [1] sind über Ovid und seine Werke ver­fasst wor­den, be­son­ders aber über Ovids um­fang­reichs­tes Oeu­vre, die Me­ta­mor­pho­sen. Die fol­gen­de Ein­heit hat zum Ziel, an­hand des Arach­ne-My­thos (met. VI, 1-145) eine kom­pe­tenz­ori­en­tier­te Un­ter­richts­pla­nung und –durch­füh­rung für die Ober­stu­fe des G8 zu ex­em­pli­fi­zie­ren. Dafür wer­den in einem ers­ten Schritt The­men­ge­bie­te des ovi­di­schen Wer­kes auf­ge­lis­tet, die selbst­ver­ständ­lich nicht dem An­spruch auf Voll­stän­dig­keit ge­nü­gen kön­nen. Mit Blick auf die Um­setz­bar­keit für den La­tein­un­ter­richt, auf den Bil­dungs­plan (2004) und spe­zi­ell auf die schon in den Schul­aus­ga­ben me­tho­disch-di­dak­tisch auf­ge­ar­bei­te­ten My­then wer­den aus der Reihe der mög­li­chen The­men­ge­bie­te die­je­ni­gen „her­aus­ge­fil­tert“, die mit­tels eines noch nicht in einer Schul­aus­ga­be be­han­del­ten My­thos an Kom­pe­ten­zen „ge­kop­pelt“ wer­den. Den um­ge­kehr­ten Weg zu wäh­len, näm­lich zu­nächst die Kom­pe­ten­zen fest­zu­le­gen und dafür In­hal­te oder The­men­ge­bie­te zu su­chen, würde dem „kor­rek­ten“ Ver­ständ­nis der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung ge­recht wer­den. Da aber die er­zäh­len­de Dich­tung in den Me­ta­mor­pho­sen über eine Viel­falt an In­ter­pre­ta­ti­ons­ebe­nen (sach-, pro­blem- und mo­dell­ori­en­tiert) ver­fügt, ist eine von der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung ab­wei­chen­de Vor­ge­hens­wei­se von Nöten.

Nach der in­halt­li­chen Ze­men­tie­rung und der Fest­le­gung der damit ver­bun­de­nen Kom­pe­ten­zen – also dem ers­ten Schritt – wird nicht der Un­ter­richt für den Arach­ne-My­thos ge­plant, son­dern es er­folgt in einem zwei­ten Schritt die Kon­zep­ti­on der Über­set­zungs- und In­ter­pre­ta­ti­ons­klau­sur. Zu­nächst stellt sich die Frage, warum beide For­men der Klau­sur in der Pla­nung vor­ge­se­hen sind, und eben­so ist es wich­tig zu dis­ku­tie­ren, wel­che Vor­tei­le die ge­for­der­te Rei­hen­fol­ge – zu­nächst Kon­zep­ti­on der Klau­su­ren (Schritt 2), dann erst Fein­pla­nung der Arach­ne-Ein­heit (Schritt 3)– mit sich bringt: Auch wenn beim La­teina­b­itur in Baden-Würt­tem­berg die Über­set­zung eines poe­ti­sches Tex­tes nicht Be­stand­teil der Prü­fung ist, könn­te es rat­sam sein, neben der syn­op­ti­schen Auf­ar­bei­tung der poe­ti­schen Texte Ab­schnit­te in sta­ta­ri­scher Form ge­mein­sam mit den Schü­le­rin­nen und Schü­ler zu lesen. Bei die­ser Le­se­art kann die Leh­re­rin / der Leh­rer ge­zielt die sprach­li­chen Be­son­der­hei­ten des Dich­ters, spe­zi­ell die des Ovid, in den Mit­tel­punkt rü­cken. So kön­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler auch bei der In­ter­pre­ta­ti­on ihre Kennt­nis­se aus der Über­set­zungs­pha­se nut­zen, zumal beim kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Un­ter­richt immer mehr die Ei­gen­stän­dig­keit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler – man kann auch von der Pro­blem­lö­sungs­kom­pe­tenz spre­chen – trai­niert wird. Wei­ter­hin lässt sich auch bei der Über­set­zung im Un­ter­richt und bei der Klau­sur eine Tex­ter­schlie­ßungs­pha­se vor­schal­ten, die zu­nächst text­syn­tak­tisch ori­en­tiert ist, damit die Schü­le­rin­nen und Schü­ler die von Ovid häu­fig ge­nutz­ten gram­ma­ti­schen Phä­no­men als sprach­li­che Be­son­der­hei­ten des Dich­ters ver­ste­hen und ihre Gram­ma­tik­kennt­nis­se aus der Lehr­buch- und Lek­tü­re­pha­se (Sek. I) er­neut wie­der­ho­len, nun aber auf we­ni­ge gram­ma­ti­sche Phä­no­me­ne re­du­ziert. So wird die Gram­ma­tik­wie­der­ho­lung im Ober­stu­fen­un­ter­richt „sub­til“ in die Tex­ter­schlie­ßungs­pha­se ein­ge­baut und zudem als di­rek­ter Nut­zen zum Vor­ver­ständ­nis des Tex­tes und als Fun­da­ment zur Be­wäl­ti­gung der Über­set­zung ver­stan­den. Wel­che Vor­tei­le er­ge­ben sich aus der zwei­ten For­de­rung? Der Leh­rer er­stellt vor der Un­ter­richts­pla­nung der Arach­ne-Ein­heit die Klau­su­ren (Über­set­zung, In­ter­pre­ta­ti­on) aus einem ähn­li­chen My­thos­be­reich, hier aus der Niobe-Er­zäh­lung. Mit der Er­stel­lung der Fra­gen zur In­ter­pre­ta­ti­on kann un­mit­tel­bar über­prüft wer­den, ob Kom­pe­tenz­ver­mitt­lung und In­hal­te aus dem Niobe-My­thos sich bei dem Arach­ne-My­thos wie­der­fin­den. Nach dem Prin­zip „test as you teach“ kön­nen die Ope­ra­to­ren ge­ziel­ter im Un­ter­richt ein­ge­übt und bei der Klau­sur ab­ge­ru­fen wer­den. In­so­fern lässt sich die bei der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung ge­for­der­te Pro­blem­lö­sungs­kom­pe­tenz bei den Schü­le­rin­nen und Schü­lern fes­ti­gen, als sie das bei der Arach­ne-Ein­heit er­wor­be­ne Wis­sen um In­halt und um Lö­sungs­stra­te­gi­en auf einen an­de­ren My­thos über­tra­gen und sogar durch einen Ver­gleich der bei­den My­then – die Pa­ra­me­ter müs­sen hier ein­deu­tig fest­ge­legt sein – Be­trach­tungs­wei­sen als iden­tisch oder dif­fe­rent klas­si­fi­zie­ren. Be­son­ders wich­tig ist dabei, Schü­le­rin­nen und Schü­ler durch die Ope­ra­tio­na­li­sie­rung zu Aus­sa­gen zu ver­an­las­sen, in denen sie die Hal­tun­gen der von Ovid in­stal­lier­ten Prot­ago­nis­ten be­schrei­ben und be­wer­ten. Der größ­te Nut­zen für die In­ter­pre­ta­ti­on ent­steht m. E., wenn die Schü­le­rin­nen und Schü­ler aus der Be­wer­tung der Hal­tung der Prot­ago­nis­ten zu be­stimm­ten Wer­ten wie z. B. Fröm­mig­keit und Re­spekt ihre ei­ge­ne Hal­tung über­den­ken, ihren Ver­hal­ten­s­ka­ta­log er­wei­tern und /oder ihre bis­he­ri­ge At­ti­tu­de mo­di­fi­zie­ren oder sogar ver­wer­fen.

Der Be­reich „My­thos“ eig­net sich für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler zur Mo­di­fi­zie­rung oder In­stal­la­ti­on einer Hal­tung ge­gen­über Wer­ten, da die Haupt­aus­sa­ge zu den Me­ta­mor­pho­sen laut neue­rer For­schung keine phi­lo­so­phisch-dog­ma­ti­sche ist, son­dern eine le­bens­phi­lo­so­phi­sche. Folgt man den Be­trach­tun­gen des rö­mi­schen An­ti­quars Varro (bei Au­gus­ti­nus, De ci­vi­ta­te Dei VI 5), so gibt es drei Arten der „Welt­bil­der“ – auch Theo­lo­gi­en ge­nannt: das­je­ni­ge Welt­bild der Dich­ter, die My­then, das­je­ni­ge der Phi­lo­so­phen, die Na­tur­wis­sen­schaf­ten, und das­je­ni­ge der Bür­ger, die Staats­re­li­gi­on. Ovid kon­zen­triert sich in den Me­ta­mor­pho­sen auf das My­thi­sche, an das man in der An­ti­ke nicht buch­stäb­lich glaub­te. Das Na­tur­wis­sen­schaft­li­che und das Staats­re­li­giö­se bil­den den Rah­men des my­tho­lo­gi­schen Epos, den zu er­fas­sen Auf­ga­be der In­ter­pre­ta­ti­on sein kann. Die My­then all­ge­mein evo­zie­ren eine Stel­lung­nah­me des Le­sers, was ge­ra­de mit der do­mi­nan­ten wer­kim­ma­nen­ten Prä­senz der an­thro­po­lo­gi­schen Kom­po­nen­te zu er­klä­ren ist.


[1] Siehe z. B. Bi­blio­gra­phie bei Holz­berg und Schmit­zer.

 

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