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Pro­perz

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Pro­perz: c. 4,2

Der Gott Ver­tum­nus spricht

 

Was wun­derst du dich über mein so viel­fach wech­seln­des Aus­se­hen?
Höre nun von den Merk­ma­len des Ver­tum­nus von ihm selbst, dem Gott.
Tus­ker bin ich, aus Tus­ker­ge­schlecht; und nim­mer bereu' ichs,
Dass ich vol­sa­ni­schen Herd unter dem Strei­te ver­ließ,

5 Seit mit ver­bün­de­ten Waf­fen vor­dem Lu­ko­me­di­us her­kam,
Und dich, Ta­ti­us, schlug samt der sa­bi­ni­schen Macht.

Sel­ber ich sah dort wan­ken das Heer, und Ge­schos­se ver­streu­et,
Und wie der Feind schmach­voll wand­te den Rü­cken zur Flucht.

Auch du, Roma, ge­währ­test Be­loh­nun­gen un­se­ren Tus­kern ,
10 Dass noch heut' ein Be­zirk tus­ki­sche Gasse sich nennt .
Gieb doch, wal­ten­der Zeus, dass ewig hin­fort in der Toga
Mir an den Füßen vor­bei wan­de­le Rö­mer­ge­wühl!
Mich freut die­ses Ge­wühl, kein el­fen­bei­ne­ner Tem­pel;
Nur hin­schau­en auf Rom's ler­men­den Markt ist genug.

15 Hier hatt' einst Ti­be­ri­nus den Gang; und häu­fig, er­zählt man,
Tö­ne­ten Ruder dem Ohr durch den ge­schla­ge­nen Sumpf.

Doch seit jener so weit den ei­ge­nen Zög­lin­gen aus­wich,
Heiß' ich wen­den­der Gott von dem ge­wen­de­ten Strom
.
Oder weil ich die Frucht des ge­wen­de­ten Jah­res ab­ge­pflückt habe,
Glaub­te man, dass ich 'ei­lig­tum des Wen­de­jahrs' heiße.
Lü­gen­haf­te Ge­schich­te, du sollst nicht be­ach­tet wer­den: ich habe ein an­de­res An­zei­chen für mei­nen Namen:
Glaub nur dem Gott, was er von sich selbst er­zählt.
Wil­lig be­quemt sich meine Natur in alle Ge­stal­ten,
Wand­le mich, wie dir ge­fällt; jeg­li­che ste­het mir wohl.
Gieb mir Ko­er­ge­wand, kein stör­ri­sches Mäd­chen er­schein' ich.
Und wer leug­net den Mann, hüll' ich die Toga mir um?
25 Rei­che die Si­chel der Hand, und dreh' um die Stir­ne den Heu­kranz;
Schwö­ren sollst du, ge­mäht hab' ich der Wiese das Gras.
Rüs­tun­gen trug ich vor­dem, und ich weiß, man lobte mich darin;
Aber mit Ähren im Korb war ich ein Schnit­ter zu schaun.
Nüch­tern meid' ich den Zank; doch so­bald ich trage das Kränz­lein,
30 Ru­fest du, traun, mir tob' unter dem Schä­del der Wein.

Gürt' um die Schlä­fen die Haub', und ganz dir bild' ich den Bac­chus;
Phö­bus bild' ich dir ganz, wenn du die Lyra mir reichst.
35 Wohl auch Wagen zu len­ken ver­mag Ver­tum­nus, und wohl auch
Schwingt er sein leich­tes Ge­wicht auf das ge­wech­sel­te Ross.

Wild­garn stell' ich ein Jäger ge­schickt; und mit Stan­gen des Roh­res
Bin ich wie Fau­nus ein Gott für den ge­fie­der­ten Fang.
Wird es ge­währt, mit der Rute den Fisch­fang treib' ich; und sau­ber
Im hin­wal­len­den Rock geh' ich ein Krä­mer ein­her.
Auch als Hirt auf den Stab mich weiß ich zu krüm­men; und wie­der
40 Flink in Körb­chen durch Staub trag' ich die Rose zur Stadt.
Denn was füg' ich hinzu, wo­durch ich am meis­ten be­rühmt bin,
Frucht­ba­rer Gär­ten Er­trag, mir in den Hän­den ge­lobt?
13 Mir wird die Trau­be zu­erst mit bläu­li­chen Bee­ren ge­spren­kelt,
Und vom mil­chig­ten Korn schwil­let der Ähre das Haupt.

15 Hier süß­saf­ti­ge Kir­schen, und hier Früh­pflau­men des Herbs­tes
Siehst du, und Maul­beern roth glü­hen am som­mern­den Tag.
Hier auch zah­let der Imp­fer zum Dank den ge­lo­be­ten Frucht­kranz,
Wann er des Birn­baums Stamm Äpfel zu tra­gen be­zwang.

Die blau­grü­ne Melon', und mit schwel­len­dem Bau­che der Kür­bis,
Zeich­nen mich aus, und der Kohl, sanft mit der Binse ge­schnürt.

45 Auch kein Blüm­chen der Au ent­knos­pet sich, ohne dass, zier­lich
Mir um die Stir­ne ge­legt, immer ein Erst­ling ver­welkt
.
Doch mir, weil ich Einer in alle Ge­stalt mich ver­kehr­te,
Hat den Namen von mei­ner Hand­lung her die hei­mi­sche Spra­che ge­liehn.
Noch sechs Verse sind übrig. O dich, der ren­net zur Bürg­schaft,
Hal­ten wir nicht! Hier ist un­se­rem Laufe das Ziel.
Ahorn­block, vom Schniz­ler be­schleu­ni­get, war ich vor Numa
60 Hier in der dank­ba­ren Stadt doch nur ein dürf­ti­ger Gott.
Doch, Ma­mu­ri­us, dir, der ge­formt dies eher­ne Bild­nis,
Sei auf den Hän­den der Kunst os­ki­scher Rasen nicht hart;
Weil du mich gie­ßen ge­konnt in so bieg­sa­me Ge­wandt­heit.
Ein ist das Werk, doch nicht Eine Ver­eh­rung des Werks.

Die Über­set­zung ist teil­wei­se an die­je­ni­ge von Jo­hann Hein­rich Voß, 1830, an­ge­lehnt. In kur­si­ver Schrift sind die Zi­ta­te aus Voß' Über­set­zung ge­kenn­zeich­net. Die Rei­hen­fol­ge der Verse wurde der la­tei­ni­schen Aus­ga­be an­ge­passt.

Hier fin­den Sie einen Le­xi­kon­ar­ti­kel über Ver­tum­nus:
http://​imp​eriu​mrom​anum.​com/​re­li­gi­on/​ant​iker​elig​ion/​ver­tum­nus_​01.​htm

 

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