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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Cum de­fen­si­o­num la­bo­ri­bus se­na­to­ri­is­que mu­ne­ri­bus aut om­ni­no aut magna ex parte essem ali­quan­do li­be­ra­tus, ret­tu­li me, Brute, te hort­an­te ma­xi­me ad ea stu­dia, quae re­ten­ta animo, re­mis­sa tem­po­ri­bus, longo in­ter­val­lo in­ter­mis­sa re­vo­ca­vi, et cum om­ni­um ar­ti­um, quae ad rectam vi­ven­di viam per­ti­ne­rent, ratio et di­sci­pli­na stu­dio sa­pi­en­tiae, quae phi­lo­so­phia di­ci­tur, con­ti­ne­retur, hoc mihi La­ti­nis lit­te­ris in­lus­tran­dum pu­ta­vi, non quia phi­lo­so­phia Gra­ecis et lit­te­ris et doc­to­ri­bus per­ci­pi non pos­set, sed meum sem­per iu­di­ci­um fuit omnia nostros aut in­ve­nis­se per se sa­pi­en­ti­us quam Gra­e­cos aut ac­cep­ta ab illis fecis­se me­lio­ra, quae qui­dem digna sta­tuis­sent, in qui­bus ela­bo­ra­rent.

Nam mores et in­sti­tu­ta vitae res­que do­mesti­cas ac fa­mi­li­a­ris nos pro­fec­to et me­li­us tu­e­mur et lau­ti­us, rem vero pu­bli­cam nos­tri maio­res certe me­lio­ri­bus tem­pe­ra­ver­unt et in­sti­tu­tis et le­gi­bus. Quid lo­quar de re mi­li­ta­ri? In qua cum vir­tu­te nos­tri multum va­lu­er­unt, tum plus etiam di­sci­pli­na. Iam illa, quae na­tu­ra, non lit­te­ris ad­se­cu­ti sunt, neque cum Gra­ecia neque ulla cum gente sunt con­fe­ren­da. Quae enim tanta gra­vi­tas, quae tanta con­stan­tia, ma­gni­tu­do animi, pro­bitas, fides, quae tam ex­cel­lens in omni ge­ne­re vir­tus in ullis fuit, ut sit cum maio­ri­bus nos­tris com­pa­ran­da?

Doc­tri­na Gra­ecia nos et omni lit­terar­um ge­ne­re su­pera­bat; in quo erat fa­ci­le vin­ce­re non re­pug­nan­tes. Nam cum apud Gra­e­cos an­ti­quis­si­mum e doc­tis genus sit poe­tar­um, si­qui­dem Home­rus fuit et He­sio­dus ante Romam con­ditam, Ar­chi­lo­chus regnan­te Ro­mu­lo, se­ri­us poe­ti­cam nos ac­ce­pi­mus. (...) Quo minus igi­tur ho­no­ris erat poe­tis, eo mi­no­ra stu­dia fu­er­unt, nec tamen, si qui ma­gnis in­ge­niis in eo ge­ne­re ex­ti­ter­unt, non satis Gra­e­co­rum glo­riae re­spon­der­unt.

An cen­se­mus, si Fabio, no­bi­lis­si­mo ho­mi­ni, laudi datum esset, quod pin­ge­ret, non mul­tos etiam apud nos fu­turos Po­ly­cli­tos et Parr­ha­si­os fuis­se? Honos alit artes, om­nes­que in­cen­dun­tur ad stu­dia glo­ria, iacent­que ea sem­per, quae apud quosque im­pro­ban­tur. Sum­mam eru­di­tio­nem Gra­eci sitam cense­bant in ner­vo­r­um vo­cum­que can­ti­bus; igi­tur et Epa­mi­non­das, prin­ceps meo iu­di­cio Gra­eciae, fi­di­bus prae­cla­re ce­ci­nis­se di­ci­tur, The­misto­cles­que ali­quot ante annos cum in epu­lis re­cusa­ret lyram, est ha­bi­tus in­doc­tior. Ergo in Gra­ecia mu­si­ci flo­ru­er­unt, dis­ce­ban­t­que id omnes, nec qui nescie­bat, satis ex­cul­tus doc­tri­na pu­ta­ba­tur.

In summo apud illos ho­no­re geo­me­tria fuit, itaque nihil ma­the­ma­ti­cis in­lus­tri­us; at nos me­ti­en­di ra­tio­ci­n­an­di­que uti­li­ta­te huius artis ter­mi­navimus modum.

At con­tra ora­to­rem ce­le­ri­ter com­ple­xi sumus. (...) Phi­lo­so­phia iacuit usque ad hanc ae­ta­tem nec ullum ha­buit lumen lit­terar­um La­ti­na­rum; quae in­lus­tran­da et ex­citan­da nobis est, ut, si oc­cupa­ti pro­fui­mus ali­quid ci­vi­bus nos­tris, pro­si­mus etiam, si pos­su­mus, otio­si. In quo eo magis nobis est ela­bo­ran­dum, quod multi iam esse libri La­ti­ni di­cun­tur scrip­ti in­con­side­ra­te ab op­ti­mis illis qui­dem viris, sed non satis eru­di­tis. Fieri autem po­test, ut recte quis sen­ti­at et id quod sen­tit, po­li­te elo­qui non pos­sit; sed man­da­re quem­quam lit­te­ris co­gi­ta­tio­nes suas, qui eas nec dis­po­ne­re nec in­lus­tra­re pos­sit nec delec­ta­tio­ne ali­qua al­li­ce­re lec­to­rem, ho­mi­nis est in­tem­pe­ran­ter abu­ten­tis et otio et lit­te­ris. Itaque suos li­bros ipsi leg­unt cum suis, nec quis­quam at­tin­git prae­ter eos, qui ean­dem li­cen­ti­am scri­ben­di sibi per­mit­ti vol­unt. Quare si ali­quid ora­to­riae lau­dis nos­tra at­tuli­mus in­dus­tria, multo stu­dio­si­us phi­lo­so­phiae fon­tis ape­rie­mus, e qui­bus etiam illa mana­bant.

 


 

Als ich end­lich ein­mal von mei­nen Be­mü­hun­gen um Ver­tei­di­gungs­re­den und mei­nen Auf­ga­ben als Se­na­tor ent­we­der ganz oder doch zum gro­ßen Teil be­freit wor­den war, kehr­te ich, Bru­tus, vor allem auf deine Auf­for­de­rung hin zu den Stu­di­en zu­rück, die - im Geist fest­ge­hal­ten, unter den Zeit­um­stän­den je­doch hint­an­ge­stellt und wäh­rend eines lan­gen Zeit­ab­schnit­tes un­ter­bro­chen - ich nun wie­der zu­rück­rief; und weil Sinn und Lehre aller Wis­sen­schaf­ten, die sich auf die rech­te Le­bens­füh­rung be­zie­hen, durch die Be­mü­hung um die Weis­heit, die Phi­lo­so­phie ge­nannt wird, um­fasst wer­den, glaub­te ich, dass ich dies in la­tei­ni­scher Spra­che er­hel­len müsse, nicht weil die Phi­lo­so­phie aus grie­chi­schen Schrif­ten und von grie­chi­schen Leh­rern nicht er­fasst wer­den könn­te, son­dern weil es immer mein fes­tes Ur­teil war, dass un­se­re Lands­leu­te ent­we­der aus sich her­aus klü­ge­re Er­fin­dun­gen ge­macht haben als die Grie­chen, oder das von jenen Über­nom­me­ne bes­ser ge­macht haben - je­den­falls das, was sie für wür­dig er­ach­tet hat­ten, um sich darum zu be­mü­hen. Denn die Sit­ten und Le­bens­for­men, die häus­li­chen und wirt­schaft­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten be­ach­ten wir nun in der Tat bes­ser und an­stän­di­ger; den Staat aber haben un­se­re Vor­fah­ren ge­wiss mit bes­se­ren Ein­rich­tun­gen und Ge­set­zen ge­ord­net. Was soll ich über das Kriegs­we­sen sagen? Hier­in haben un­se­re Lands­leu­te durch ihre Tüch­tig­keit vie­les zu­stan­de ge­bracht, doch dann noch mehr durch ihre Dis­zi­plin. Sogar jene Dinge, die sie durch ihre Ver­an­la­gung, nicht durch wis­sen­schaft­li­che Tä­tig­keit er­reicht haben, las­sen sich weder mit Grie­chen­land noch mit ir­gend­ei­nem an­de­ren Volk ver­glei­chen. Wel­che Würde ist denn so groß, wel­che Stand­fes­tig­keit, See­len­grö­ße, Recht­schaf­fen­heit, Zu­ver­läs­sig­keit, wel­che Tüch­tig­keit ist auf jedem Ge­biet so her­vor­ra­gend bei ir­gend je­man­dem ge­we­sen, dass sie mit un­se­ren Vor­fah­ren ver­gli­chen wer­den könn­te? Grie­chen­land über­traf uns an Ge­lehr­sam­keit und jeder Art von Li­te­ra­tur; dabei war es leicht, uns zu be­sie­gen, weil wir uns ja nicht wehr­ten. Denn wäh­rend bei den Grie­chen die Grup­pe der Dich­ter die äl­tes­te von den Ge­lehr­ten ist, weil ja Homer und He­si­od vor der Grün­dung Roms leb­ten, Ar­chi­loch­os zur Re­gie­rungs­zeit des Ro­mu­lus, so haben wir die Dicht­kunst erst spät auf­ge­nom­men. (...) Je we­ni­ger An­se­hen also die Dich­ter hat­ten, umso ge­rin­ger waren die Be­mü­hun­gen <um die Dicht­kunst>; doch wenn ir­gend­wel­che hoch­be­gab­te Män­ner in die­ser Gat­tung auf­tra­ten, ent­spra­chen sie sehr wohl dem Ruhm der Grie­chen. Oder wenn Fa­bi­us, ein Mann aus vor­nehms­ter Fa­mi­lie, dafür ge­lobt wor­den wäre, dass er malte, glau­ben wir nicht, dass es dann auch bei uns viele Maler à la Po­ly­klet und Parr­ha­si­us ge­ge­ben hätte? An­se­hen för­dert die Küns­te und alle wer­den durch Ruhm zu An­stren­gun­gen an­ge­spornt; und das liegt immer brach, was bei jedem nicht ge­bil­ligt wird. Die Grie­chen glaub­ten, dass die höch­te Bil­dung im Sai­ten­spiel und im Ge­sang liege; daher soll auch Epa­mi­non­das, mei­nes Er­ach­tens der be­deu­tends­te Mann Grie­chen­lands, her­vor­ra­gend zur Kit­ha­ra ge­sun­gen haben; und als The­mis­to­kles ei­ni­ge Jahre vor­her beim Gast­mahl die Lyra ab­lehn­te, galt er als ziem­lich un­ge­bil­det. Also wur­den in Grie­chen­land die Mu­si­ker hoch ge­ach­tet, und alle lern­ten dies; und wer sich dar­auf nicht ver­stand, galt als nicht ge­nü­gend ge­bil­det. In höchs­tem An­se­hen stand bei jenen die Geo­me­trie; des­halb gab es nichts Be­rühm­te­res als Ma­the­ma­ti­ker; wir je­doch haben das Maß die­ser Kunst durch den Nut­zen des Mes­sens und Rech­nens ein­ge­schränkt. Aber im Ge­gen­satz dazu haben wir den Red­ner schnell ge­ach­tet. (...) Die Phi­lo­so­phie lag bis in un­se­re Zeit brach und fand keine er­hel­len­de Dar­stel­lung in der la­tei­ni­schen Li­te­ra­tur; des­halb müs­sen wir sie er­hel­len und an­feu­ern, damit wir, wenn wir in un­se­rer öf­fent­li­chen Tä­tig­keit ir­gend­wie un­se­ren Mit­bür­gern ge­nutzt haben, ihnen auch, wenn wir es kön­nen, in der Muße nüt­zen. Dabei müs­sen wir uns umso mehr an­stren­gen, weil schon viele la­tei­ni­sche Bü­cher un­über­legt ge­schrie­ben wor­den sein sol­len, und zwar von jenen Män­nern, die zwar cha­rak­ter­lich her­vor­ra­gend, aber nicht ge­nü­gend ge­bil­det waren. Es kann aber ge­sche­hen, dass je­mand rich­tig denkt und das, was er denkt, nicht ge­schlif­fen aus­drü­cken kann; doch dass je­mand seine Ge­dan­ken nie­der­schreibt, der sie nicht ord­nen und er­läu­tern und den Leser auch nicht durch sti­lis­ti­schen Ge­nuss an­lo­cken kann, ist die Tat eines Man­nes, der maß­los Mu­ße­zeit und Wis­sen­schaft miss­braucht. Des­halb lesen sie ihre ei­ge­nen Bü­cher selbst mit ihren An­hän­gern, und nie­mand greift zu ihnen außer denen, die wol­len, dass ihnen die­sel­be Will­kür im Schrei­ben ge­stat­tet wird. Des­halb, wenn wir durch un­se­re Tä­tig­keit ir­gend­et­was zum Ruhm der Re­de­kunst bei­ge­tra­gen haben, wer­den wir noch viel eif­ri­ger die Quel­len der Phi­lo­so­phie er­schlie­ßen, aus denen auch jene Er­fol­ge flos­sen.

 

Auf­ga­ben:

1.

Geben Sie jedem Text­ab­schnitt eine tref­fen­de Über­schrift

(6 P.)

2.

a) Stel­len Sie zu­sam­men, auf wel­chen Ge­bie­ten den Grie­chen und auf wel­chen Ge­bie­ten den Rö­mern im vor­lie­gen­den Text der Vor­rang ein­ge­räumt wird. Zi­tie­ren Sie hier­zu zen­tra­le Be­grif­fe bzw. Aus­drü­cke aus dem la­tei­ni­schen Text (je­weils mit Zei­len­an­ga­be!).

(10 P.)

b) Zie­hen Sie ein Fazit aus Ihren Be­ob­ach­tun­gen.

(3 P.)

3.

Er­schlie­ßen Sie aus dem vor­lie­gen­den Text, wel­cher Autor ihn ver­fasst hat. Be­le­gen Sie Ihre Zu­ord­nung mit la­tei­ni­schen Zi­ta­ten (je­weils mit Zei­len­an­ga­be!). 

(5 P.)

4.

a) For­mu­lie­ren Sie in einem (!) Satz, worin der Autor des vor­lie­gen­den Tex­tes seine Auf­ga­be sieht.

(2 P.)

b) Zei­gen Sie, dass die sprach­lich-rhe­to­ri­sche Ge­stal­tung die­ser Auf­ga­be zu­sätz­li­ches Ge­wicht ver­leiht.

(4 P.)

5.

Stel­len Sie dar, dass Kai­ser Ha­dri­an zu Recht als "Phil­hel­le­ne auf dem rö­mi­schen Kai­ser­thron" be­zeich­net wird. 

(5 P.)

6.

Ver­fas­sen Sie - auf der Grund­la­ge Ihrer Lek­türe­kennt­nis­se (!) - einen Zei­tungs­ar­ti­kel mit der Über­schrift "Die alten Römer als Vor­bil­der in Sa­chen Frem­den­feind­lich­keit?!".

(10 P.)

 

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